Überhöhte Kosten und kein Honorarvertrag
BAU-Forum: Architekt / Architektur

Überhöhte Kosten und kein Honorarvertrag

Hallo, ich hoffe mir kann jemand helfen.
Ich habe vor einen halben Jahr einen Architekten beauftragt für einen Umbau, ein neues Dach und eine Fassadenverkleidung mit Dämmung, von dem ich anfangs dachte er wäre vertrauenswürdig. Bei unserem ersten Gespräch wollte er wissen wie hoch sich die Bausumme belaufen soll und ich nannte ihn als Obergrenze 200 000,- für den Umbau wollte ich noch die alte Eigenheimzulage beantragen. Er kam dann mit dem Vorschlag man könne zusätzlich die KFWAbk.-Förderung nützen, wenn man den KFW-Ansprüchen genügen würde. Ich überlegte mir die Sache zu Hause und sagte beim nächsten Gespräch zu ihm, dass ich diese Förderung nur nehmen würde, wenn sie wirtschftlichen gesehen rentabel wäre, sprich wenn die dafür benötigten Kosten nicht höher werden würden als der Nutzen. Dazu muss ich noch sagen, dass es sich um ein Mehrfamilienhaus handelt, das sowieso schon durch eine vorhandene Dämmung einen geringen Ölverbrauch aufweist. Auch in den darauffolgenden Treffen in denen er mich an seine Angestellte Architektin verwies teilte ich ihr weiterhin 2 mal mit, dieses nur durchzuführen, wenn es sich rechnet. Mit der Zeit wurde mir klar, dass man anscheinend nicht richtig auf meine Wünsche einging, weil immer wieder von der KFW-Förderung ausgegangen wurde, sodass ich auf eine Kostenberechnung bestand, da wir uns bereits schon in Planungsphase3 befanden, und ich noch nicht einmal eine Kostenschätzung erhalten hatte. Erst am Freitag bekam ich nun eine Kostenschätzung, wieder keine Kostenberechnung über 332000 € von der ich total schockiert war und das obwohl ich aus Kostengründen auf ein Blechdach bestanden habe. Dazu muss ich sagen, dass ich noch keinen schriftlichen Honorarvertrag abgeschlossen habe. Der Architekt weiß nun, dass ich den Antrag abgeben muss (wegen Eigenheimzulage), damit müsste ich nun Architektenleistungen für 11263 € bezahlen (= Phase 1 bis 4). Was kann ich also noch machen. Hilft es mir, dass ich noch nichts unterschrieben habe? Mir kommt es so vor als würde ich betrogen werden, denn ich hatte vor drei Jahren bereits einen Kostenvoranschlag für eine neue Dacheindeckung mit Dachpfannen (!) und Dämmung machen lassen, die weniger als die Hälfte der Blecheindeckung gekostet hatte und das von einem namhaft guten Handwerker. Am Dienstag soll ich nun den Vertrag unterschreiben mit dem obigen Honorarangebot. Obwohl ich weiß, dass ich über den Tisch gezogen werde, bin ich am überlegen zu unterschreiben, weil ich sonst die Eigenheimzulage verlieren könnte und somit noch mehr Geld. Was könnte ich also tun um vielleicht nachträglich noch einen Einwand zu erheben?
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  • Pebbles
  1. kommt auf den Vermittlungsausschuss an

    Foto von Dipl.-Ing. univ. Bruno Stubenrauch

    Ob Sie Eigenheimzulage bekommen sollte von jemand abgeklärt werden der Ahnung hat und für die Auskunft haftet, bevor Sie dies zur Entscheidungsgrundlage machen. Die Eigenheimzulage gibt es bei Ausbauten und Erweiterungen und zu eigenen Wohnzwecken. Darunter verstehe ich z.B. den erstmaligen Ausbau eines Dachgeschosses oder einen Anbau, der neuen Wohnraum schafft. Umbauten und Sanierungen werden im Eigenheimzulagengesetz nicht erwähnt.
    Zur eigentlichen Frage: Ich gehe davon aus, dass die jetzt vorliegende Kostenschätzung korrekt ist. Sie haben eine Obergrenze von 200.000 € gesetzt. Plant der Architekt ein Objekt mit Kosten von 332.000 €, ist das Thema verfehlt. Die Leistung ist mangelhaft, ein Honoraranspruch besteht nicht, siehe Link. Allenfalls ist für mich ein Anspruch auf Bezahlung der Leistungsphase 1 und 2 denkbar. Ergebnis hätte sein müssen, dass das Objekt für 200.000 € nicht zu realisieren ist. Spätestens zur Leistungsphase 2 hätte eine Kostenschätzung auf den Tisch gemusst. Die Leistungsphase 3 und 4 hätten nicht begonnen werden dürfen.
    Maßnahmen zur Erlangung der KfW-Förderung können m.E. 30.000 €, aber nicht 130.000 € Mehrkosten erklären. Die Maßnahmen und ihre Kosten sollten Sie sich genau darlegen lassen um entscheiden zu können.
    Ob der Vertrag unterschrieben ist oder nicht spielt m.E. eine untergeordnete Rolle. Es besteht bereits jetzt ein Vertrag, auch wenn er nur mündlich geschlossen wurde, allerdings für ein Objekt bis 200.000 €. Unterschreiben würde ich trotzdem erst, wenn alles geklärt ist. Denn damit wird eine neue Kostenobergrenze festgeschrieben.
    Sie haben die Wahl zwischen der Durchführung der teureren Maßnahme und dem Stornieren, wobei dann m.E. höchstens Honorar für die LPh 1+2 fällig ist. Vielleicht erfahren wir morgen wie es wirklich mit der Eigenheimzulage weitergeht. Bleibt sie oder hätten Sie sowieso keine erhalten, können Sie in Ruhe entscheiden.
  2. Umbauzuschlag und Berücksichtigung von Altbausubstanz

    Vielen Dank für Ihre schnelle Antwort!
    Ich hätte noch eine Zusatzfrage: wie sieht es bei der Stornierung mit dem Umbauzuschlag und der Miteinberechnung der vorhandenen Bausubstanz aus? Mündlich vereinbart wurde ein Umbauzuschlag von 20 % und keine Einberechnung der Bausubstanz. Bei der Kostenschätzung der"Baumeisterarbeiten" wird meiner Meinung nach die umgebaute Quadratmeterzahl mit irgendeinem Wert multipliziert (leider überhaupt nicht ersichtlich welche Werte). Für mich sieht das aus, als würde die vorhandene Bausubstanz miteingerechnet werden. Nur für Dach und Fassade hat er ein meiner Ansicht nach völlig überzogenes Kostenangebot zweier Firmen, von denen der Dachdecker während der Dachbesichtigung eine wesentlich günstigere Schätzung abgegeben hat. Ich habe Angst, dass er (wenn ich storniere) nun das ganze Mauerwerk unter der Fassade und noch mehr Umbauzuschlag verlangt.
    • Name:
    • Pebbles
  3. kein Automatismus

    Foto von Dipl.-Ing. univ. Bruno Stubenrauch

    Der Umbauzuschlag muss vertraglich vereinbart sein, die Anrechnung der mitververarbeiteten Bausubstanz nicht. Wurden Regelungen getroffen, kann nicht abweichend abgerechnet werden. Für den Umbauzuschlag ist der Architekt beweispflichtig, für die Nichtberücksichtigung anrechenbarer Bausubstanz sind m.E. Sie beweispflichtig.
    Die bloße Tatsache, dass das alte Mauerwerk vorhanden ist und z.B. neuen Putz oder Farbe aufnehmen soll, rechtfertigt m.E. nicht die Ansetzung als mitverarbeitete Bausubstanz. Die Seite

    Ob der Dachdecker oder der Architekt richtig geschätzt hat lässt sich für mich nicht beurteilen. Ich gehe davon aus, dass der Architekt mehr Erkenntnisse hat.

  4. Dachdeckerarbeiten

    Foto von Dipl.-Ing. univ. Bruno Stubenrauch

    Vergessen: der Dachdecker könnte später genauer gerechnet haben und zu einem anderen Ergebnis gekommen sein. Schnellschüsse beim Besichtigungstermin sind mit Vorsicht zu genießen.
  5. so katastrophal war das bei uns auch

    heißt der Architekt zufällig Dirk H ... mit Kompagnion Schi ... in Berlin? Trotz im schriftl. Vertrag mit Fettdruck/Absatz explizit herausgehobenen Betonung, dass der Umbau nicht mehr als 320 000 DM kosten dürfe und der monatelangen Bitte/dann schriftlichen Mahnung um eine Kostenschätzung bekamen wir diese einfach nicht. Nach Einreichung beim Bauamt eine 67 seitige (!) Zusammenstellung endloser Zahlenketten mit z.T. nicht relevanten Preisen (Garage, die gar nicht gebaut werden sollte), ohne Berechnung von 2 Bädern, Maler u.a. Dann kamen wir ohne das Fehlende schon auf 100 000 DM mehr, insgesamt auf ca. 140 000 DM mehr.
    Unsere Bitte um Änderungsplanung /Kündigungsdrohung wurde mit einer geänderten Kalkulation von 319 000 DM (also angebliche Punktlandung) beantwortet. Auf Nachfrage, wie er so viel Geld sparen wolle: einsparen von Lehmputz (den wollten wir ohnehin nicht überall) aber der kostet nun wieder auch nicht so viel.
    Unser Architektenvertrag endete explizit, mit Einreichung der Bauunterlagen und sollte gegebenenfalls dann schriftlich verlängert werden (stand so im Vertrag).
    Der Architekt hatte aber schon weiter gearbeitet  -  wir dachten auf eigenes Risiko, da der Verlängerungs-Auftrag fehlte. Wir konnten ja nicht ahnen, dass er sich so in den Kosten vergaloppiert, hätten sonst wohl mit ihm weitergemacht.
    Wir sind mit unseren Problemen zur Architektenkammer Berlin in den Schlichtungsausschuss gegangen, der nur einseitig zugunsten des Architekten entschieden hat. Wir stimmten der Schlichtung zu, nur weil wir bauen und nicht einen im Baurecht üblichen langen Prozess abwarten wollten. Der Schiedsspruch war ein Skandal: wir haben nicht nur die ganze Planung, sondern auch noch die Ausschreibung, die ja nicht beauftragt war, und eben auch zu einer viel zu hohen Kalkulation passte, bezahlt. Der Bau ist dann abgespeckt, auch so teurer geworden. Es wurde uns im übrigen gesagt, dass die Schlichtungssitzung ohne Rechtsanwälte stattfinden würde, wir waren also ohne Rechtsanwalt, der Architekt mit seinem erschienen, der dann daran teilnehmen durfte.
    Dass wir dem Architekten auch noch in mehrfacher Hinsicht Betrug nachweisen konnten, dafür auch mehrere Zeugen u Beweise hatten, hat die Schlichtung nicht zur Kenntnis genommen. (bei der Ausschreibung wurden nur Architektengenehme Firmen angeschrieben, die angeblichen Angebote u. Summen mehrerer von uns vorgeschlagenen Firmen waren gefälscht, die Firmen noch nicht mal angeschrieben, Termine, an denen Vorgespräche stattfinden sollten, gar nicht anberaumt, Firmen, die wir angesprochen hatten, wurden mit falschen Aussagen abgewimmelt ...
    Viel Glück beim Durchsetzen Ihrer Rechte
    J. Schwarz
  6. Schlichtung ...

    ist die endgültig? Ausschluss weiterer Auseinandersetzung in gleicher Angelegenheit?
    da gibt's nämlich auch anders und deshalb ist nicht jeder e. Freund dieser ach so tollen
    Schlichtungen ;-)
    was wurde eigentlich geschlichtet? der a. hat seine Aufgabe nicht erfüllt. basta!
    ... ein paar Jahren schreibe ich wahrscheinlich: "basta? " :-(
  7. Einigung mit Architekten. Muss ich noch was beachten?

    Nachdem ich das ganze Wochenende wegen der Kostenschätzung nicht schlafen konnte, habe ich mich gestern dazu entschlossen auf die vielleicht gar nicht bestehende Eigenheimzulage zu verzichten (Übrigens vielen Dank Bruno Stubenrauch, das hat mir bei der Entscheidungsfindung sehr geholfen) und heute gleich bei meinem Architekten anzurufen, dass er sofort zum Planen aufhören möge, da ich mit diesen Kosten nicht bereit bin weiterzubauen und ich höchstens dazu bereit wäre die ersten 2 Phasen zu bezahlen, was ich aber noch mit meinen Anwalt abklären würde. Überraschenderweise sagte er gleich, dass ich keine Anwalt bräuchte und bot mir gleich von selbst nur die ersten 2 Phasen mit 250 000 € Baukosten an. Ich bin natürlich froh nicht weiter rumstreiten zu müssen, auch wenn ich auf erhebliche Kosten sitzen bleibe und willigte ein, auch wenn es sich um 250000 € handelte und nicht um die 200000 (nicht dass es mir noch so ergeht wie Ihnen Johannes Schwarz). Ich hoffe ich bekomme wie versprochen morgen die Schluss-Rechnung zugeschickt, sodass ich dies auch schriftlich habe und soll diese noch dieses Jahr bezahlen (was ich auch vor habe). Muss ich noch irgendwas beachten? Nicht dass ich mich in Sicherheit wiege und es kommt noch das dicke Ende. Ende der Woche wird das Büro geschlossen in den Weihnachtsurlaub gehen.
    Vielen Dank an alle die mir Auskunft geben, das ist das erste mal, dass ich mich an ein Forum wende und ich bin total begeistert von den kompetenten Antworten.
    • Name:
    • Pebbles
  8. Schlussrechnung = Schluss

    Foto von Dipl.-Ing. univ. Bruno Stubenrauch

    Sie haben einen Kompromiss geschlossen der m.E. in Ordnung ist. Sie sparen sich das Hickhack um den Beweis der auf 200.000 € festgesetzten Kostenobergrenze. Ein ausdrückliches Kündigungsschreiben würde ich nicht mehr machen. Das könnte höchstens falsch ausgelegt werden, Stichwort "freie Kündigung" mit weiteren Ansprüchen des Vertragspartners. Wichtig ist, dass auf der Rechnung des Architekten "Schlussrechnung" draufsteht. Das bindet und schließt Nachforderungen aus.
  9. anrechenbare Kosten nicht gleich Baukosten

    Foto von Dipl.-Ing. univ. Bruno Stubenrauch

    wieder was vergessen: anrechenbare Kosten von 250.000 € ist nicht gleichbedeutend damit, dass der Architekt zu teuer geplant hat. Es kann sich tatsächlich um 200.000 € Baukosten + 50.000 € mitverarbeitete Bausubstanz gehandelt haben. Auf eines ist noch zu achten: anrechenbar ist nur der Nettobetrag ohne MwSt. Haben Sie 200.000 € brutto vorgegeben (ist automatisch so, wenn Sie Privatmann und kein gewerblicher Auftraggeber sind und nichts vorgegeben haben), betragen die anrechenbaren Kosten nur ca. 172.000 €. Die Mehrwertsteuerproblematik muss angesprochen und geklärt werden.
  10. Argumentationshilfe

    Foto von Dipl.-Ing. univ. Bruno Stubenrauch

    Der BGH hat in einem relativ aktuellen Urteil festgestellt, dass eine vereinbarte Bausumme die Obergrenze für Honorarberechnung darstellt. Mitverarbeitete Bausubstanz darf m.E. noch dazukommen.

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