An die Kollegen: Liege ich damit richtig?
BAU-Forum: Bauplanung / Baugenehmigung

An die Kollegen: Liege ich damit richtig?

Liebe Kollegen,
ich habe mal eine Frage an euch. Ich sollte einem Kunden Bauvorlagen für eine Garage anfertigen. Die Gemeinde hat dem Kunden bereits eingeredet, dass alles in der Genehmigungsfreistellung nach BauO NRW möglich wäre und hat dem Kunden das BVAbk. praktisch "mündlich genehmigt", es fehlt "nur noch" die Entwurfsverfasserunterschrift. Der Bebauungsplan ist von 1950-1960 und die Gemeinde hat nur den zeichnerischen Teil rausgerückt und erklärt, dass in den textlichen Festsetzungen nichts Besonderes steht und warum ich die überhaupt haben wolle, es wäre doch alles von der Gemeinde genehmigt, ich solle nur noch unterschreiben. Die Garage ist außerhalb der Baugrenzen geplant. Ich habe nun einen Bauantrag nach § 68 angefertigt und unterezichnet, was harsche Kritik der Bauherrn und der Gemeinde zur Folge hatte, weil nun alles zur unteren Bauaufsicht geht.
Um den Zusammenhang zu verstehen, kopier ich mal einen Text hier rein, den ich der Gemeinde zusenden werde.
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Sehr geehrte XXXXXXX,
die Kunden XXXXXXX benötigen dringend von mir Bauvorlagen für o.g. Garagenbauvorhaben in der Genehmigungsfreistellung.
Im Freistellungsverfahren haften für die Einhaltung des öffentl. Bau- und Planungsrechtes der Bauherr und in dessen Folge die von ihm Beauftragten, die Gemeinde unterliegt keiner Prüfpflicht.
Leider habe ich von Ihnen bislang keine vollständige Bebauungsplankopie erhalten, insbesondere fehlen mir die textlichen Festsetzungen.
Zumindest nach Baunutzungsverordnung (BauNVOAbk.) 1990 § 23 Abs. 5 können Nebengebäude und Gebäude gemäß § 6 Abs. 11 BauO NW außerhalb der Baugrenzen zugelassen werden, wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist. Bei den Dienstbesprechungen der Bauämter mit dem Bauministerium NRW wurde klargestellt, dass durch die Formulierung ".. können ... zugelassen werden" zwingend eine Baugenehmigung nach § 68 erforderlich ist, wenn nicht ausdrücklich im Bebauungsplan steht, dass Garagen und Nebengebäude außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche zulässig sind. Sofern eine Baumaßnahme besondere Genehmigungen erforderlich macht, wie Abweichungen und Befreiungen, oder die Zulassung außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche, weil eine konkrete Formulierung im Bebauungsplan fehlt, ist das Freistellungsverfahren nicht anwendbar.
Um den Kunden möglichst schnell weiterhelfen zu können, bitte ich Sie mir den Textteil des B-Plans per Fax zu senden und eine Erklärung der Gemeinde, dass im Bebauungsplan Gebiet Sofern das nicht möglich ist müsste die Zulässigkeit der Garage nach bereits vorliegendem Bauantrag geprüft werden. Evtl. lässt sich dann beim Kreis erreichen möglichst kurzfristig eine Baugenehmigung oder eine vorläufige Baugenehmigung zu erwirken.
Mit freundlichen Grüßen
_______________________________________________________________'
Ich möchte gar keine Rechtsberatung, sondern nur Eure Meinung, ob meine Einschätzung über das Freistellungsverfahren so geteilt wird. Ich find es schon ärgerlich, dass Mitarbeiter in den Gemeinden versuchen die Entwurfsverfasser zum Freistellkungsverfahren zu nötigen, vielleicht weil sie keine Einmischung der unteren Bauaufsicht in einem Baugebiet haben möchten. Haften müssen die Gemeinden ja nicht, wenn es falsch ist. Nur wenn sich bei einem freigestellten Vorhaben später mal herausstellt, dass es dort doch nicht ohne Baugenehmigung errichtet werden durfte, wer haftet dann? Der Bauherr. Und von wem will er dann Schadenersatz?
Danke und Gruß
  1. Ich teile ...

    Ich teile Deine Einschätzung. Voll und ganz.
    Freundliche Grüße
  2. Zwei Dinge ...

    würd ich anders machen:

    1) Unten drunter: Durchschrift Familie YYYYY (Bauherrschaft)

    2) Statt " ... mir den Textteil des B-Plans " "alle für den Geltungsbereich des B-Plans bestehenden Festsetzungen ... (oder ähnlich) ", nicht dass es da noch Ortssatzungen o.ä. gibt.

  3. m.E. liegst Du richtig

    Hallo Andreas,
    beim späteren OWI-Verfahren will keiner wissen ob Du den Bebauungsplan gesehen hast oder nicht und ob der Schwager vom Onkel, dessen Bruder ...!
    Wenn da Lott drunter steht, dann sollte auch Lott drin sein. Bleib auf dem Weg wie Du es beschrieben hast. Entweder ALLE schriftlichen Festsetzungen oder Bauantrag!
    Deine Haftpflicht dankt es Dir ;-))
    Gruß aus Baden
  4. Danke erstmal für die Mitteilungen

    Ich werde nochmal in mich gehen. Die Gemeinde und der Kreis zeigt sich unbürokratisch. Im Prinzip läge ich formal richtig wurde mir vom Sachbearbeiter beim Kreis mitgeteilt, aber das Kreisbauamt hat überhaupt keine Bedenken und die Planungshoheit läge bei der Gemeinde, man würde dort von Seiten des Kreises gar nicht einschreiten und würde sich mit der Auslegung der Baugesetze bürgerfreundlich zeigen und da keinen großen Fall draus machen, was ja eigentlich positiv ist. Die Gemeinde selbst will ja durch Antrag die Bescheinigung ausstellen, dass kein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden soll. Da blieben als letztes Risiko die Nachbarn, die einen Einspruch einlegen könnten, wenn die Garage bereits errichtet wird. Das wird auch nicht der Fall der sein, weil die Nachbarn in Abstimmung mit der Gemeinde an vergleichbarem Standort ebenfalls Garagen errichtet haben möchten. Ich werde erstmal über den Bauherrn Nachbarzustimmungen für den Bau der Garage anfordern, dann kann ich mir Überlegen ob ich mich im Interesse der Bauherrn auch "unbürokratisch" zeige.
    Das Ganze schreibe hier jetzt mal mehr als Bericht, wie verzwickt die Anwendung der Baugesetze und Verfahrem und das Auseinandersetzen mit den Behörden und Bauherren in diesem Land ist. Ich hoffe, es lesen einige Bauherren mit um zu verstehen, warum den Architekten / Ingenieure angemessenes Honorar zusteht.
    Gruß
  5. Bravo  -  weiter so

    Hallo Herr Lott,
    habe Ihren Beitrag mit Interesse gelesen und finde Ihre weitere Vorgehensweise super.
    Ich glaube vielen Bauherrn ist der Unterschied zwischen Genehmigungsfreistellungsverfahren und einer ordentlichen Baugenehmigung gar nicht bekannt.
    Bei uns in Bayern wird ähnlich Verfahren und ist zum Teil auch so politsch gewollt.
    Mit freundlichen Grüßen
  6. Den Bauherren?

    Hallo Herr Rieder,
    Zitat: >>>Ich glaube vielen Bauherrn ist der Unterschied zwischen Genehmigungsfreistellungsverfahren und einer ordentlichen Baugenehmigung gar nicht bekannt. <<<
    Ein Bauherr muss das nicht unbedingt wissen. Aber ich schätze, dass ca. 80-85 % aller Planer den Unterschied nicht kennen und sich der Tragweite nicht bewusst sind.
    Das ist zwar ein anderes Thema, aber bei der Bauleitererklärung tippe ich auf über 90 % mit gepunkteter Armbinde und weißem Stock.
    Gruß aus Baden
  7. Nicht ganz ...

    Peter.
    Den Unterschied kennen sie schon, nur das Risiko nicht!
    Wie viele Kollegen kennen wir, die nach der Aussage der Gemeinde stumpf den Antrag eingereicht hätten.
  8. viele ...

    sehhhhhr viele!
  9. § 23 (5) Baunutzungsverordnung (BauNVO)

    Ich halte die zitierte Meinung einer Dienstbesprechung wonach eine positive Ermessensentscheidung nach § 23 (5) Baunutzungsverordnung (BauNVOAbk.) die Durchführung eines Baugenehmigungverfahrens voraussetzt, nicht mit § 67 (1) Satz 1 Ziffer 1 BauO NRW im Einklang. Ein Vorhaben, das "zugelassen werden kann" "widerspricht" nicht den Festsetzungen eines Bebauungsplanes.
  10. Ist ja interessant, Herr Bauer

    Ich habe nun in meiner kommentierten Bauordnung eine ähnliche Einlassung dazu gefunden. Es heißt dort sinngemäß:
    Die Bauordnung wurde 2000 dahingehend geändert, dass es nun heißt: Das Vorhaben darf ... den Festsetzungen des B-Plans nicht widersprechen. Die Formulierung der BauO 1995, wonach ein BVAbk. den Festsetzungen entsprechen musste, wurde geändert, da hierin eine gegenüber § 30 Abs. 1 BauGB verschärfte, abweichende Anforderung lag. Die alte, verschärfte Forderung führte dazu, dass bereits eine geringfügige Abweichung das Bauen in der Freistellung ausschloss, wie etwa das Vor- und Zurücktreten (Vortreten, Zurücktreten) von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß nach § 23 Abs. 2 Satz 2. So könnte man es auch mit § 23 Abs. 5 sehen. Von daher müsste mein beschriebener Fall wieder in der Genehmigungsfreistellung möglich sein. Nur wer ist dann im Verfahren nach § 67 für die "positiven Ermessensentscheidungen" zuständig, wenn die Gemeinde im Verfahren nach § 67 keine Genehmigungen oder ähnliche rechtsverbindliche Bescheide ausstellen kann und darf? Also entscheidet der Bauherr, bzw. der Entwurfsverfasser, ob z.B. ein kleiner Hauseingangsvorsprung über die Baugrenze hinweg geringfügig ist und zugelassen werden kann? Laut der Dienstbesprechung 2002, zu finden bei der Ing. -Kammer NRWM, geht es mit § 23 (5) Baunutzungsverordnung (BauNVOAbk.) so nicht. Meiner Meinung nach verstricken sich die deutschen Gesetze immer mehr in Widersprüche und Unwegbarkeiten.
    Gruß
  11. § 23 (5) Baunutzungsverordnung (BauNVO)

    >Also entscheidet der Bauherr, bzw. der Entwurfsverfasser, ob z.B. ein kleiner Hauseingangsvorsprung über die Baugrenze hinweg geringfügig ist und zugelassen werden kann?
    >
    Genau so sehe ich das und zwar auch für § 23 (5) Baunutzungsverordnung (BauNVOAbk.). So mutig war der Gesetzgeber  -  ob das den dienstbesprechenden Bauaufsichtsbeamten gefällt oder nicht.
  12. Hurra

    Ich bin nicht Deutschland. "Ich bin das Bauamt! "
  13. @ Herrn Bauer

    Gerade Heute habe ich Kenntnis von einer Versagung der Baugenehmigung in einem anderen Fall erhalten. Dort war auch eine Garage außerhalb der Baugrenzen geplant.
    Es heißt in der Begründung sinngemäß:
    Das Vorhaben widerspricht den Festsetzungen des Bebauungsplans. Das BVAbk. soll zu einem Teil außerhalb der Baugrenzen errichtet werden. Der Bebauungsplan trifft hierzu keine Festsetzungen. Gem. § 23 (5) Baunutzungsverordnung (Baunutzungsverordnung (BauNVOAbk.)) können Nebenanlagen und bauliche Anlagen gem. § 6 (11) (Garagen) auf den nicht überbaubaren Flächen zugelassen werden. Von diesem Ermessen ist aber in diesem Fall planungsrechtlich kein Gebrauch zu machen. Weiter wird dann ausgeführt, die Garage läge zu weit hinten im Grundstück im Ruhebereich des angrenezenden Nachbargrundstücks. Die Versagung bezieht sich dann weiter auf § 15 (1) Baunutzungsverordnung (Baunutzungsverordnung (BauNVO)) wegen der gebotenen Rücksichtnahme gegenüber schutzwürdigen Belangen des Grundstücksnachbarn.
    Was wäre passiert, wäre das Vorhaben in diesem Fall gem § 67 eingereicht worden und die Gemeinde hätte zufällig versäumt innerhalb von 4 Wochen zu erklären, dass sie ein Genehmigungsverfahren verlangt. Im Fall die Garage wäre errichtet worden und im nachhinein wäre ein Nachbareinspruch eingegangen? Was wäre passiert und wer hätte haften müssen?
    Gruß

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