Zu viel Betonüberdeckung?
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Zu viel Betonüberdeckung?

Hallo zusammen,

für unser Einfamilienhaus (ohne Keller, massiv in Ziegel) wurde vor einigen Wochen die Betonplatte (30 cm) erstellt.

Eine Probebohrung (wegen Risse in der Bodenplatte) hat gezeigt, dass die obere Bewehrung der BP ca. 8 cm mit Beton überdeckt ist.

Ich habe im Internet einiges zum Thema Betondeckung gelesen, aber meistens geht es um den Min-Wert. Deswegen hoffe ich, dass ich hier Hilfe finde.

Meine Fragen:

1. Ist eine zu hohe Betondeckung bei einer Bodenplatte ebenso schlecht, wie eine niedrige Betondeckung, speziell was die Tragfähigkeit betrifft?

2. Betrifft diese Angabe (Bewehrungsstahl B500 A, Bewehrungslagen, oben d-1 : 3.0 d-2 : 3.5 [cm]) die obere Betondeckung und wären dann die 3,5 cm der Min- oder Max-Wert?

3. Kann/Soll man in diesem Fall etwas im Nachhinein machen, eine Reparatur der BP. oder evtl. die Statik neu berechnen lassen?

Habe versucht mich auf das wesentliche zu beschränken, falls Infos abgehen, werde ich sie reinstellen.

Weitere Infos: Bundesland: Bayern Architekt: Kein Architekt Eingabeplanung: Vom Ingenieurbüro erstellen lassen Rohbau und Statik: Baufirma mit seinem Statiker (Partnerunternehmen)

Herzlichen Dank!

  • Name:
  • Ludwig
  1. Betonüberdeckung

    Die Betonüberdeckung soll den Beton vor Korrosion schützen. Vor 50 Jahren hat man hier mit 1 cm angefangen und die Betonüberdeckung bei stärkerem Betonangriff geringfügig erhöht. Die Folgen hat man inzwischen gesehen.

    Heute sind Betonüberdeckungen von 2 cm und mehr der Standard. Dabei werden 15 mm für Fehler beim Einbau zugeschlagen. Die Überdeckung wird also um diese 15 mm größer sein.

    Die ausführende Firma hat offenbar die Bewehrung heruntergetreten oder vorher keine Sauberkeitsschicht ausgeführt. Dann drückt sich der Abstandshalter ins Erdreich. d1 und d2 ist der Abstand der Bewehrung (Mitte des Stabes) oben bzw. unten vom Rand der Betonplatte.

    Fragen dazu: Wie breit und wie tief sind denn die Risse? Was ist unter der Betonplatte? Wurde eine Sauberkeitsschicht ausgeführt? Wurde der Beton ausreichend gerüttelt? Wurde die Betonplatte ausreichend nachbehandelt? Welches Wetter herrschte nach dem Betoneinbau? Wie groß ist die Platte?

    Kann es sein, dass die planende Firma selten Einfamilienhaus aber vorwiegend Industriebauten und große Gebäude plant? Gibt es überhaupt eine statische Berechnung? Bekanntlich sei das in Bayern nicht vorgeschrieben.

  2. Eine statische Berechnung gibt es

    die Werte d1-d2 habe ich daraus entnommen.

    Zu Ihren Fragen:

    Wie breit und wie tief sind denn die Risse? bis 1,3 mm breit, sichtbar tiefste Stelle 8 cm und 20 cm  -  100 cm lang Was ist unter der Betonplatte? Bodenaustausch mit Kies, Kies als Kappillarchicht, 12 cm Dämmung, Folie, Beton Wurde eine Sauberkeitsschicht ausgeführt? Weiß ich leider nicht Wurde der Beton ausreichend gerüttelt? Weiß ich leider nicht Wurde die Betonplatte ausreichend nachbehandelt? Nein Welches Wetter herrschte nach dem Betoneinbau? sonnig, stark windig Wie groß ist die Platte? 9,5 m auf 12,5 m Die Baufirma baut überwiegend EFHAbk.

    Um die Risse, die vermutlich auf zu niedrige Abstandhalter und auf die fehlende Nachbehandlung zurückzuführen sind, geht es mir in diesem Beitrag gar nicht, sie können vermutlich nur verpresst werden, wurde mir zumindest gesagt. Ich gehe der Frage nach, ob die hohe Betondeckung gewollt oder fälschlich gemacht wurde und ob dadurch die Tragfähigkeit der Bodenplatte stark beeinträchtigt ist. Wollte mit den gewonnen Erkenntnissen auf das Gespräch mit der Baufirma vorbereitet sein.

    Viele Grüße und danke für Ihren Beitrag!

  3. Betonüberdeckung

    Die Ursache der Risse ist eindeutig das Wetter und die dazu erforderliche und darauf nicht abgestimmte Nachbehandlung.

    Das Wetter hat die Betonschicht sehr schnell austrocknen lassen. Man hat das früher mit nassen Strohmatten verhindert. Heute kann man eine Folie oder einen flüssigen Kunststoff nehmen. Er wird als weiße Milch aufgesprüht und verhindert die Verdunstung.

    Wenn die Bodenplatte auf der ganzen Fläche aufliegt braucht man theoretisch überhaupt keine Bewehrung. Es würde bei einem sehr tragfähigen Boden theoretisch keine Biegung in der Platte auftreten.

    In der Praxis baut man eine Bewehrung zum Verhindern von Biegerissen und von Setzrissen trotzdem ein weil eben doch Biegebelastungen durch die aufgehenden, punktförmig belastenden Mauern und die flächige Unterstützung des Bodens entstehen.

    Ohne zu rechnen würde ich bei einer 30 cm starken Platte eine Bewehrung durch Matten der Größe Q 335 konstruktiv jeweils oben und unten vorsehen.

    Bei einem gut betuchten Bauherrn, der die Nummer seines Anwaltes bereits am schwarzen Brett vermerkt hat, auch eine stärkere Matte.

    Auch wenn der Boden nicht sehr tragfähig erscheint, ist eine stärkere Matte bei einem Einfamilienhaus sinnvoll.

    Da die Bewehrung nur die Betonplatte zusammen halten soll und eine Biegebelastung nur durch spätere Setzungen denkbar ist, würde ich mir keine Gedanken machen, wenn die Bewehrung in einer 30 cm dicken Platte einige cm zu tief liegt.

    Aber ich würde diesen Mangel den Leuten trotzdem unter die Nase reiben. Derartige Risse in einer Geschossdecke würden mich sehr wohl stören. Auch wenn die Risse verpresst werden, wird das keine homogene Betonplatte.

    Die Bewehrung ist gegen Rost gut geschützt im Beton. Die Risse sollte man mit Zement verpressen.

    Die untere Bewehrung ist vermutlich nicht so gut geschützt. Es sei denn man hätte ausreichend Abstandshalter eingebaut. Bei der Arbeitsweise und ohne Sauberkeitsschicht vermute ich das nicht.

    Sie sollten sich einen eigenen Fachmann leisten, der den "Freunden" bei der Arbeit auf die Finger schaut. Dann vermeidet man späteren, langwierigen Ärger. Der Fachmann ist vermutlich nicht billiger als der spätere Rechtsstreit wenn er täglich auf der Baustelle erscheint, aber er beruhigt zusätzlich.

  4. Hilft mir ...

    sehr Ihre Erklärung und hat mich bis zu der Stelle mit der Bezeichnung Q335 auch sehr beruhigt.

    Aber, da Sie mit Q335 beginnend und auch stärkere Matten vorsehen würden, frage ich mich, ob ich ein weiteres Problem habe?

    Ich habe auf einer Bewehrungsmatte (Rest) die noch auf der Baustelle lag einen Aufkleber mit der Bezeichnung "Betonstahlmatten B500B DINAbk. 488-4 Q 257 B" gefunden.

    Könnte die Bewehrung evtl. auch falsch gewählt worden sein? Eine Frage zum Verpressen noch, wäre Zement besser als Epoxidharz?

    • Abstandshalter wurden übrigens verbaut, habe ich gesehen
    • Zum Thema "eigener Fachmann", da gebe ich Ihnen sehr Recht. Hätte mir einige schlaflose Nächte erspart ...

    Danke schön!

  5. Habe nochmal nachgeforscht,

    in der Statik steht "Q335 A Matten vollflächig", gemessen habe ich in der Bodenplatte aber nur 7 mm starke Matten.

    Vielleicht hat die Baufirma eine logische, nachvollziehbare Erklärung für die Abweichung von der Statik, aber ein gutes Gefühl habe ich aktuell nicht.

    Bin um Tipps dankbar, was ich beim Gespräch mit der Baufirma und seinem Statiker beachten sollte. Die Sache wird vermutlich kleingeredet werden, und als Laie fehlen einem die richtigen gegen Gegenargumente.

    Wäre es ratsam zur Klärung einen Fachmann (Anwalt, Baugutachter, unabhängigen Statiker) hinzuzuziehen?

    Danke schön und noch einen gemütlichen Sonntag!

  6. Betonüberdeckung und Baustahlmatten

    Ich habe einst eine nur 15 cm starke Bodenplatte mit Q 257 oder sogar nur Q188 gebaut. Damals hatte ich noch keine Ausbildung als Bauingenieur. und habe mir das Wissen in der Bibliothek erarbeitet.

    Die Platte war eine sehr spontane Entscheidung, nachdem ich erfahren habe, ich hätte die Streifenfundamente von Hand ausschachten lassen müssen.

    Bis heute ist die Platte wasserdicht und ohne Risse. Aber ich habe einen sehr tragfähigen Boden aus kiesigem Sand. Deswegen würde ich das nicht als Vorlage empfehlen.

    Aber selbst bei einem nicht so tragfähigem Boden wird eine 30 cm starke Platte mit Q257 das Einfamilienhaus wohl tragen können.

    Aber es ist natürlich ein Vertrauensbruch, wenn der Statiker Q 335 plant und die Firma Q 257 einbaut.

    Ob dies eine Kündigungsgrund ist, sollte ein in solchen Sachen sehr erfahrener Anwalt beurteilen. Stellt sich die Kündigung später als ungerechtfertigt heraus müssen Sie den vollen Angebotspreis abzüglich ersparter Aufwendungen bezahlen. Die Ersparnis wird man ganz klein rechnen!

    Also sehr große Vorsicht mit einer Kündigung.

    Wäre sie erfolgreich, könnte ein anderes Unternehmen den Bau fortführen und der höhere Preis hätte der gekündigte Unternehmer als Schadensersatz zu erstatten.

    Bis es so weit wäre, hätten Sie viele bange Jahre durch etliche Instanzen mit vielen Gutachtern zu überstehen.

    Die Preise der Matten finden Sie im Internet oder in der Stahlliste eines Händlers. In der Praxis werden die Matten mit erheblichen Rabatten (so bei 50 %) gehandelt. Deswegen sind auch alte Preislisten immer noch gültig. Man dreht nur an den Rabatten.

    Sie haben zumindest einen Anspruch auf den Differenzbetrag aus den Listenpreisen. Davon sollten Sie sich nicht abbringen lassen. Man wird Ihnen sowieso einen höheren Betrag als den Listenpreis der Matten in Rechnung stellen. Also auch eine höhere Differenz.

    Bis zur Klärung sollte man zunächst nicht weiterbauen.

    Die Sache wird ein Fall für einen Anwalt werden. Einen fachkundigen werden Sie kaum finden. Der Anwalt wiederum wird für seine Argumentation einen Gutachter brauchen.

    Mit dieser Firma werden Sie noch sehr viel Arbeit bekommen. Leider.

    Ob man mit Zement oder Harz die Risse verschließt wird da zweitrangig. Beides ist möglich.

    Zement hat eine Rostschutzfunktion aber hinterlässt Hohlräume aus dem verdunstenden Wasser. Harz kann die vorhandene Luft ebenfalls nicht vollständig verdrängen.

    Beides bleibt ein Behelf. Aber es wird keinen Richter geben, der Ihnen den Rückbau der Platte erlauben würde.

    Mein Lehrer berichtete einst in der Vorlesung von einem Bauherrn der argumentiert, aber der Herr xyz hätte nur Q188 vorgesehen. Sie verlangen Q257.

    Darauf meinte mein Prof., "ich kann ihnen auch Q188 reinschreiben. Aber die Gefahr von Rissen ist größer. "

    Der Bauherr blieb bei Q257!

  7. Theoretisch ist die Tragfähigkeit eingeschränkt, da ...

    Foto von wiki

    Theoretisch ist die Tragfähigkeit eingeschränkt, da der innere Hebelarm der offenbar biegesteif geplanten Bodenplatte durch den geringeren Abstand zwischen oberer und unterer Bewehrungslage nun kleiner ist als vorgesehen. Praktisch würde ich mir bei einer 30 cm (!?) dicken Bodenplatte keine Sorgen machen. Es entstehen ggf. mehr Risse Aufgrund fehlender Bewehrung im oberen Bereich. Diese sollten fachgerecht verschlossen werden, um die Dauerhaftigkeit zu erhalten.
  8. Der Kies-Boden ist sehr gut und tragfähig

    Die Baufirma hat nun die Fehler eingestanden und wird die Risse fachmännisch reparieren und die Statik mit den neuen Parametern updaten. Ich weiß nicht, ob man die Statik einfach mal schönrechnen kann, aber ich werde sie sicherheitshalber von einem Fachmann prüfen lassen.

    Zufrieden macht mich die Lösung nicht, aber so wie Sie auch schreiben, der Rückbau ist nicht mehr möglich, da der Rohbau bereits fortgeschritten ist. Mein Trost: Ich rechne, dass keine größeren Fehler folgen, da die darauf folgenden Arbeiten, insbesondere die Beton-Arbeiten Aufgrund des ersten Fehlers und auch durch meine Kontrollen, soweit ich sie einschätzen kann, gut ausgeführt wurden. Schau ma mal ...

    Frau Neugebauer, vielen lieben Dank, dass Sie Ihr Wissen mit uns teilen! Alle Infos und Empfehlungen sind bei mir angekommen, zu dem haben Sie den entscheidenden Hinweis zu der falsch gewählten Bewehrung gegeben ...

    Viele Grüße!

  9. Tragfähigkeit

    @wiki, vielen Dank, beruhigt mich auf jeden Fall.

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