Bau ohne Lüftungskonzept - und dann Abweichung Annahme/Ist bzgl. Luftdichtigkeit
BAU-Forum: Lüftung
Bau ohne Lüftungskonzept - und dann Abweichung Annahme/Ist bzgl. Luftdichtigkeit
Guten Abend, folgender Sachverhalt, mit der Bitte um eine Experteneinschätzung zur weiteren Vorgehensweise:
- Planung und Bau eines Zweifamilienhaus sind 2018 durch Generalunternehmer (offenbar) ohne Lüftungskonzept erfolgt.
- Lüftungskonzept wurde nach Fertigstellung bei Generalunternehmer angefordert, dieser händigt ein Dokument aus, das auf den Tag der Übersendung datiert ist.
- im Lüftungskonzept wird für die Luftdichtigkeit ein n50-Wert 1,5 angesetzt
- Ergebnis in diesem Lüftungskonzept ist, dass keine Maßnahmen bzgl. Feuchteschutz erforderlich sind (notwendige Lüftung 60 m³/h, Infiltration 80 m³/h)
- der reale Wert vom Blower-Door-Test liegt aber bei ca. 0,75, ermittelt vom Generalunternehmer selbst, und zwar lange vor dem nun erstellten Lüftungskonzept.
=> rechnet man nun das Lüftungskonzept mit dem Ist-Wert für die Luftdichtigkeit, ergibt sich die Notwendigkeit einer lüftungstechnischen Maßnahme für den Feuchteschutz. Wie sollte nun seitens des Bauherren/Auftraggebers weiter vorgegangen werden?
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Tja
Der Generalunternehmer hat sich mit dem verspäteten Nachweis keinen Gefallen getan. Hätte er vorher den Nachweis mit 1,5 geführt und dem Bauherren übergeben, dann wäre vermutlich alles OK gewesen und der Bauherr hätte auf eine LTM verzichtet. Wenn dann später der bessere n50-Wert nachträglich zu einer "Notwendigkeit" einer LTM geführt hätte, hätte der Generalunternehmer diese Maßnahme evtl. sogar als Nachtragsangebot kostenpflichtig einreichen können.
Aber nun? Der Generalunternehmer könnte nun für kleines Geld alle Fenster mit Flügelfalzlüftern nachrüsten lassen. Dimensionierung gemäß den Vorgaben eines entsprechenden Bemessungsprogramms nach DINA 1946-6. Damit hätte er seine Schuldigkeit getan. Wollen die Bauherren das?
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Flügelfalzlüfter - Sinn?
Guten Abend Herr Tilgner,
danke für Ihre Einschätzung. Flügelfalzlüfter sind natürlich nicht die Lösung, die man in einem modernen Haus haben möchte. Aber: haben diese denn überhaupt einen Effekt, d.h. kann dort Luft einströmen, wenn im Haus nirgends die Abluft nach außen geführt wird?
Viele Grüße
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Natürlich
Bei einen Lüftungskonzept ausschließlich mit Falzlüfterelementen handelt es sich salopp gesagt um planmäßige Undichtigkeiten wie sie auch bei alten Fenstern vorhanden sind. Da wirken die Fenster auf der einen Seite des Hauses als Zuluft- und die Fenster auf der anderen Seite als Abluft-Öffnungen.
Was der Bauherr sich wünscht, ist zweitrangig. Wenn er sich eine kontrollierte Wohnraumlüftung wünscht, dann hätte er die planen, beauftragen und bezahlen müssen.
Was er jetzt als "Mängelbeseitigung" eines zu dichten Hauses einfordern kann und evtl. bekommt ist vermutlich nur das Minimalprogramm - in jedem Raum 1-2 Flügelfalzlüfter, dann liegt der n50-Wert bei 1,5 und alle müssten zufrieden sein
. Auf mehr hat der Bauherr bei einem vermutlich geschlossenen Pauschalvertrag keinen Anspruch.
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Natürlich
Bei einen Lüftungskonzept ausschließlich mit Falzlüfterelementen handelt es sich salopp gesagt um planmäßige Undichtigkeiten wie sie auch bei alten Fenstern vorhanden sind. Da wirken die Fenster auf der einen Seite des Hauses als Zuluft- und die Fenster auf der anderen Seite als Abluft-Öffnungen.
Was der Bauherr sich nachträglich wünscht, ist zweitrangig. Wenn er sich vor Vertragsabschluss eine kontrollierte Wohnraumlüftung gewünscht hat, dann hätte er diese vermutlich gesondert planen lassen, beauftragen und bezahlen müssen.
Was er jetzt als "Mängelbeseitigung" eines "zu dichten Hauses" einfordern kann und evtl. bekommt ist vermutlich nur das normativ zulässige Minimalprogramm - in jedem Raum 1-2 Flügelfalzlüfter, dann liegt der n50-Wert bei 1,5 und alle müssten zufrieden sein
. Auf mehr hat der Bauherr bei seinem vermutlich geschlossenen Pauschalvertrag keinen Anspruch. Oder haben Sie da mehr gefunden in der Baubeschreibung, woraus sich einen KWLA als geschuldet ableiten ließe?
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was steht im Vertrag?
Hoffentlich steht ein KfW-Wert drin. Z.B. bei KfW-Wert 55 ist zwingend eine Be- und Entlüftung (Belüftung, Entlüftung) mit Wärmerückgewinnung vorgeschrieben. Das muss automatisch im Pauschalpreis enthalten sein und ist damit zu liefern. Da ist nichts mit Fensterlüftung oder anderem Murks.
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Nein
Tatsächlich ist kein KfW-Standard vereinbart. Allerdings sind vertraglich die U-Werte für Wände und Fenster zugesichert. Außerdem wurde uns ein Energiebedarfsausweis ausgehändigt, der einen Endenergiebedarf 25 kWh/ (m2*a), Primärenergiebedarf 45 kWh/ (m2*a) bescheinigt.
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geschuldete Leistung
Geschuldet ist laut Baubeschreibung min. ein "Energiesparhaus mit KfW-Effizienzhaus-55-Konstruktion". Wie das am Ende zu interpretieren ist, wird wohl Aufgabe des Gerichts sein. Allerdings ergibt es, mindestens für mich, logisch keinen Sinn, erst eine dichte Wand zu bauen um die Wärme drin zu halten und später einfach unkontrolliert kalte Luft von außen einströmen zu lassen. Und um den zu erwartenden Wert für die Luftdichtheit seiner Konstruktion muss der Generalunternehmer ja wissen.
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Oha
Das ist eine rechtlich schwierige Ausgangslage: Wenn in der Baubeschreibung drin steht "Energiesparhaus mit KfW-Effizienzhaus-55-Konstruktion", dann hätte man tatsächlich davon ausgehen können, dass eine KWLA gebaut werden muss, da dies ja zum kfw55-Standard dazu gehört. Wenn dann aber in der Baubeschreibung unter Haustechnik keine KWL mit WRG beschrieben ist, dann liegt hier schon in der Vertragsphase ein Planungsfehler vor. Mit dieser Vertragsformulierung haben Sie sicher gute Chancen auf die Nachrüstung einer KWL. Wie weit ist der Bau denn schon fortgeschritten? 2018 schon fertig gebaut? Dann gibt es vermutlich einen Anspruch auf Nachrüstung oder Wertminderung, denn eine KWL mit WRG scheint hier tatsächlich geschuldet zu sein (rechtliche Darlegung ohne Anspruch auf Präjudiz). Was sagt denn der Generalunternehmer zu diesem Thema?