Wer muss Mängelbeseitigungskosten darlegen?
BAU-Forum: Probleme im Mittelstand und Handwerk

Wer muss Mängelbeseitigungskosten darlegen?

Folgender Sachverhalt: Objekt wurde von einem Generalunternehmer bezugsfertig errichtet. Bei der Abnahme durch den AG war ein vom AG hinzugezogener SV zugegen und hat Mängel am Objekt festgestellt. Zu den Mängelbeseitigungskosten bzw. der Höhe des Druckeinbehaltes hat der SV keine Angaben gemacht. Nun behält der AG dem Generalunternehmer allen Restwerklohn ein und behauptet, dass er meine, dass die Mängelbeseitigungskosten (mal drei) höher seien, als der noch offene Restwerklohn. Generalunternehmer verlangt, dass der AG die Einbehaltsposten im Einzelnen darlegt, sodass für die Zug-um-Zug-Erledigung, also Mängelbeseitigung und Ausbezahlung des entsprechenden Einbehaltes eine Grundlage sowie ein Vertrauenstatbestand besteht. AG verweigert die Darlegung und fordert Generalunternehmer auf, dies zu tun. Generalunternehmer legt dem AG eine Schätzung vor. Dieser reagiert nicht. Nachdem einige Mängel behoben wurden, fordert der Generalunternehmer Ausbezahlung des entsprechenden Einbehaltes anhand seiner Aufstellung. AG verweigert weitere Auszahlung und behauptet, die Aufstellung sei nicht prüfbar und einige Positionen seien zu niedrig angesetzt. Jedoch erklärt der AG nicht, um welche Positionen es sich handele. Generalunternehmer erklärt, dass der AG nach der einhelligen Rechtsprechung zur Kooperation verpflichtet sei und zur Klärung der Probleme beizutragen habe, wenngleich unklar sei, wer nun letztlich die Mängelbeseitigungskosten darzulegen habe. AG reagiert nicht und Generalunternehmer stellt die Mängelbeseitigungen ein, weil der AG durch sein Verhalten, nämlich Verstoß gegen die Kooperationspflicht, die Auszahlung einer Abschlagszahlung verschleppt.
Wie würden Sie entscheiden?
  • Name:
  • Thorsten Kolunder
  1. ich würde

    Foto von Lieselotte Tussing

    • da offensichtlich die Beauftragung des SV einverständlich durch beide Parteien geschehen ist  -  die Aufgabenstellung an den SV um die Position 'Ermittlung der Kosten' erweitern und im weiteren Verfahren die offenen Summen / unerledigten Punkte anpassen.

    Keine Rechtsberatung!

    • Name:
    • Tu
  2. so unklar nicht

    Foto von Dipl.-Ing. univ. Bruno Stubenrauch

    Nach einem (ungeschriebenen) Grundsatz im deutschen Recht hat derjenige, der etwas will, die Beweislast. In diesem Fall will der AG einen Einbehalt machen. Also muss er auch begründen, sachlich und der Höhe nach.
    Alles Reden hilft vermutlich nichts. Klagen ist angesagt. In einem vor einigen Wochen hier im Forum geschilderten Fall standen der einbehaltenen Summe nur festgestellte 9 % Wert der Mängel gegenüber. Entsprechend hoch waren die Gerichtskosten für den Bauherrn und die auszuzahlende Summe. Überhohe Einbehalte sind also riskant. Ich würde eine Summe abzüglich des Dreifachen der selbst geschätzten Restmängel einklagen. Dann sollte es noch eindeutiger ausgehen. Fachmännische Rechtsberatung ist angesagt, ich gebe nur eine Meinung ab.
  3. Meine Meinung: ...

    Meine Meinung: es stinkt nach Drittelfinanzierung ...
  4. Ja, das kann alles sein.

    Danke für die direkten Beiträge. Der SV wurde vom AG bestellt. Der Generalunternehmer hat kein Recht, dieses abzulehnen. Demnach kann nicht interpretiert werden, dass der SV einvernehmlich bestellt wurde. Jedoch wurde auch hierüber mit dem AG gesprochen. Der wiederum verweigert die Beauftragung des SV mit der Ermittlung der Mängelbeseitigungskosten, da der SV hierfür ein Honorar verlangt.
    Ob das nach Drittelfinanzierung "stinkt", kann ich nicht beurteilen. Ich habe davon gehört, dass der BGH entschieden habe, der AG müsse die Kosten schätzen und im Falle von Einwendungen durch den Generalunternehmer muss der AG dem Generalunternehmer einen SV-Termin anbieten. Eine andere Entscheidung des BGH besagt, dass der Generalunternehmer hier die Beweislast hat bzw. nicht der AG hier detailliert vorzutragen hat. Aus diesem Grund auch die Feststellung, dass die Kernfrage, wer nun tatsächlich die Mängelbeseitigungskosten darzustellen hat, ohnehin nur auf dem Klageweg beantwortet werden kann. Hier hat Bruno Stubenrauch Recht.
    Aber, und das ist der vordergründige Kern, müssen die Parteien eines VOBAbk./B-Vertrages eine Meinungsverschiedenheit durch Verhandlung beilegen  -  ist übrigens auch vom BGH so entschieden worden. Erst nach Scheitern dieser Verhandlung im Rahmen der Kooperationspflicht, kann der weitere (streitige) Weg gegangen werden. Da der AG jedoch nicht einmal dieser Pflicht nachgekommen und somit wissentlich eine mögliche Zahlung verzögert, dürfte der Generalunternehmer wohl tatsächlich das Recht haben, die Arbeiten bzw. Mängelbeseitigung einzustellen, oder?
    • Name:
    • Thorsten Kolunder
  5. Zur Kooperationspflicht

    Die Rechtsprechung zur Kooperationspflicht betrifft mehr den Fall der Vertragskündigung, der die Kooperationspflicht quasi voraus geht. In Ihrem Fall erkenne ich noch nicht das eigentliche Problem: Es scheint ja wohl unstreitig zu sein, dass Mängel vorliegen, Sie also  -  überpointiert geschrieben  -  vertragsbrüchig sind. Warum beseitigen Sie nicht die Mängel und verschaffen sich damit Ihren Vergütungsanspruch? Der Bauherr muss die Mängelbeseitigungskosten nur schätzen und kann sie um mind. (!) das 3-fache erhöhen (der dreifache Druckzuschlag des Einbehaltes ist die Untergrenze, was viele nicht wissen ...). Verschätzt er sich, hat dass alleine Auswirkungen für evtl. Prozesskosten, ändert aber nichts daran, dass Sie zur Mängelbeseitigung verurteilt würden, bzw. Ihre Werklohnklage "als zurzeit unbegründet" zumindest teilweise abgewiesen würde  -  Sie also auch Verfahrenskosten tragen müssten. Ist Ihr AG "Häuslebauer", oder könnten Sie vor Mängelbeseitigung die berühmte 648a-Bürgschaft verlangen? Letztlich würde ich immer dazu tendieren  -  wenn Sie schon von Kooperationspflicht sprechen  -  den Vertrag zu erfüllen, sprich, die Mängel zu beseitigen. Sie laufen sonst Gefahr, dass der Bauherr Ihnen eine Frist mit Ablehnungsandrohung setzt und Sie dann Ihr Mängelbeseitigungsrecht verlieren, aber der Schadensersatzforderung des Bauherren ausgesetzt sind ...
  6. Herr Dr. Siegel

    Selbstverständlich ist der Generalunternehmer gewillt, die Mängel zu beseitigen. Jedoch geht dies auch einher mit einer Zug-um-Zug-Auszahlung der einzelnen betreffenden Mängelbeseitigungskosten. Hier erklärte der AG jedoch, dass er trotzdem eingehält und begründet dies mit den noch vorhandenen Mängeln. Das Problem ist, dass durch den erheblich höheren Einbehalt dem Generalunternehmer das Geld fehlt, um den Nachunternehmern den Restwerklohn auszubezahlen. Die verweigern sodann die Mängelbeseitigung. Hier muss der gordische Knoten zerschlagen werden, da sonst eine Pattsituation entsteht. Und deshalb sollte hier auch die Kooperationspflicht gelten. Der Generalunternehmer will ja voran kommen, wird aber vom AG auf's Äußerste geblockt. Die 648a-Bürgschaft liegt dem Generalunternehmer vor, jedoch kann diese erst "gezogen" werden, wenn ein vollstreckbarer Titel vorliegt, oder woran denken Sie, Herr Dr. Siegel?
    • Name:
    • Thorsten Kolunder
  7. Urteile zu Mängelbeseitigungskosten

    Hallo,
    die nachstehenden Urteile mit amtl. Leitsatz helfen vielleicht etwas:
    BGH VII ZR 98/94 "Vor der Abnahme, im Falle ihrer berechtigten Verweigerung oder des Vorbehalts gemäß § 640 Abs. 2 BGBAbk., trägt der Unternehmer, wenn der Besteller das Vorhandensein eines Mangels substantiiert vorträgt, die Beweislast für die Mangelfreiheit des Bauwerks. Sind bei der Herstellung einer "weißen Wanne" eine Reihe von Planungs- und Ausführungsfehlern (Planungsfehlern, Ausführungsfehlern) unterlaufen, liegt die Möglichkeit nahe, dass die Gebrauchstauglichkeit des Kellers eingeschränkt sein kann. "
    BGH VII ZR 125/95 "Ein Besteller, der wegen eines Baumangels die Bezahlung des Werklohns verweigert, braucht nicht zur Höhe der Mangelbeseitigungskosten vorzutragen. "
    BGH VII ZR 136/00 "Der Gläubiger ist nicht verpflichtet, die Kosten für die Sanierung eines Bauwerkes vorprozessual durch ein Privatgutachten zu ermitteln. Es genügt, wenn er die Kosten schätzt und für den Fall, dass der Schuldner die Kosten bestreitet, ein Sachverständigengutachten als Beweismittel anbietet. "
    BGH VII ZR 339/02 "ZPO § 287 Das Gericht darf Mängelbeseitigungskosten gemäß § 287 ZPO nur Aufgrund greifbarer Anhaltspunkte schätzen. "
    Mit freundlichem Gruß
    • Name:
    • Herr Buehler

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