Preisnachforderung nach in Kraft getretener EnEV?
BAU-Forum: Energieeinsparverordnung EnEV

Preisnachforderung nach in Kraft getretener EnEV?

Hallo, Werte Leser,
wir (meine Frau und ich) haben am 27.2.2002 einen Werkvertrag mit einem Fertighausunternehmer geschlossen. In der Bau- und Leistungsbeschreibung (Baubeschreibung, Leistungsbeschreibung) wird lediglich der Aufbau der Wände beschrieben, nicht aber der k-Wert noch der U-Wert. Am 26.3.2002 teilt uns der Unternehmer mit, dass er Aufgrund der neuen EnEVAbk. eine Zusatzvereinbarung haben will, in der wir die Mehrkosten zur ordnungsgemäßen Durchführung der EnEV an unserem Haus in Höhe von 2.340 € übernehmen sollen. Über einen RA habe ich dem Unternehmer mitgeteilt habe, dass wir diese Mehrkosten nicht zahlen, da der Vertrag erst zustande kam, nachdem die EnEV in Kraft trat und der Unternehmer über die Änderungen der Anforderungen im Hausbau Bescheid gewusst haben sollte. Außerdem sicherte der Verkäufer zu, dass das Haus der aktuellen EnEV entspricht (leider nur mündlich und ohne Zeugen, d.h. nur mir und meiner Frau gegebüber, also den Käufern)
Der Unternehmer bot dann einen Vergleich in Höhe von 1170 € (also der Hälfte der anfallenden Mehrkosten) an. Der RA empfiehlt, dem Vergleich zuzustimmen, da der Ausgang eines Verfahrens ungewiss wäre.
Fragen:
1. Gibt es bereits vergleichbare Fälle und wie hat ein Gericht dort geurteilt? Ich habe den Eindruck, dass mein RA diesbezüglich keine ausgiebige Recherche getrieben hat. Evtl. sind ja Ihnen welche bekannt.
2. Wie kann ich mich ggf. auch noch gegen die verbleibenden 1170 € wehren?
  • Name:
  • Alexander Reuter
  1. Ganz pragmatisch gesehen

    hat Ihr Bauträger die A ... karte gezogen. Ich (Bauherrenlaie) denke, es kommt nicht so sehr darauf an, ob in Ihrem Vertrag ein bestimmter U-Wert für die Wand vereinbart wurde. Ein "nicht so guter" lässt sich durch andere Maßnahmen "kompensieren". Nur: Ihr Bauträger ist gehalten, die EnEVAbk. (so blödsinnig die auch manchmal sein mag) einzuhalten. Da Ihr Vertrag definitiv nach dem 1.2. abgeschlossen wurde, ist die EnEV (Gesetz) zwingend umzusetzen. Über so etwas würde ich gar nicht diskutieren. Wahrscheinlich hat Ihr Bauträger sein erstes Haus, das unter die EnEV fällt, an Sie verkauft, und merkt nun, dass er an manchen Stellen "nachbessern" muss. In meinen Augen eine linke Tour, Sie über den Tisch zu ziehen.
    Wenn Sie sich gegen die restlichen 1170 T€ zur Wehr setzen möchten: Verklagen Sie Ihren Anwalt! Wieso sollte der Ausgang ungewiss sein? Für mich sonnenklar ...
    //// keine Rechtsberatung  -  bin nur Laie, kann mich auch mal irren ////
  2. nicht ganz so einfach

    Foto von Horst Schmid

    auch ich kann hier keine Rechtsberatung machen  -  aber:
    wichtig ist die Vertragsart: haben Sie mit Ihrem Bauträger einen Vertrag nach BGBAbk. oder nach VOBAbk. geschlossen? Nach VOB/B hätten Sie Anspruch auf Ausführung der Leistung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme (Zusatzvergütung bei Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T.) während der Ausführung ist allerdings nicht ausgeschlossen).
    Waren Zeichnungen, Berechnungen (insbesondere die Wärmeschutznachweise) Bestandteil Ihres Vertrages? Wenn nicht, liegt Ihr RA sicherlich auf der richtigen Seite.
  3. Bakel's Senf

    Eindeitig Anschluss an Beitrag 1 (FPT)
    Ist fast eine Frechheit, möchte ich sagen.
    Wer war's denn? Gehört an den virtuellen Pranger!
  4. Bakel's Senf II

    Herr Schmid, ihr VOBAbk.-Abnahme-§ ist doch dann relevant, wenn der Vertragsabschluss VOR Inkrafttreten der EnEVAbk. zustande gekommen wäre, und die Abnahme erst nach dem 1.2. erfolgt.
    Oder irre ich?
  5. das Gebäude muss zurzeit der Abnahme ohne Mängel sein

    und der Auftragnehmer trägt dafür die Gewährleistung, ob die EnEVAbk. den Regeln der Technik entspricht ist eine andere Frage und wird die Zukunft zeigen. Das Fertighausunternehmen hat das Angebot wohl auf der Grundlage einer alten Planung gemacht, wenn es die Planungsleistungen auch im Auftragsumfang hatte, ist es wohl sein eigenes Problem.
    Ich würde mit dem RA den Vertrag genau anschauen, ob die Empfehlung des RA vernünftig ist, ist durchaus die Frage,
  6. Mal unabhängig vom Vertrag ...

    Wenn der Bauträger die EnEVAbk. ignoriert, verstößt er gegen öffentlich-rechtliches Baurecht. Das ist doch wohl unstrittig, oder?
  7. richtig, D. Bakel, aber

    das nutzt dem Bauherrn aber auch nicht, letztendlich muss er sich mit der Beseitigung der Mängel rumschlagen und den Bauträger auf den Pott setzen. Ich habe doch ähnliche Erfahrungen gemacht ...
  8. Problem erkannt, Gefahr gebannt  -  oder?

    je eher man sich der Probleme mit seinem Bauträger bewusst wird, desto besser.
    mit dem richtigen RA zur richtigen Zeit sollte das "zu deichseln" sein ...
  9. Ihr Anwalt sollte nochmal recherchieren

    Foto von Dipl.-Ing. univ. Bruno Stubenrauch

    Mir fallen jedenfalls eine Menge von Punkten ein die Ihnen recht geben:
    • Der Unternehmer muss nach EnEVAbk. bauen, sie ist geltendes Recht.
    • Bei einem Pauschalpreis trägt der Unternehmer stets ein gewisses Massenrisiko, besonders dann wenn die Ermittlung von ihm selbst kommt. Hier liegen wir bestimmt in diesem Bereich.
    • Selbst wenn im Vertrag eine Klausel wäre, die eine Preisanpassung wegen steigender gesetzlicher Anforderungen vorsieht, würde diese gegen § 307 BGBAbk. verstoßen, wenn sie nicht klar und unmissverständlich die einzelnen Maßnahmen aufführen würde. Hier haben wir weder eine Klausel noch steht fest wie der Unternehmer die EnEV einhält. Dazu gibt es viele Möglichkeiten, vielleicht sogar kostenneutrale, das kommt auf die Kalkulation des Unternehmers an.
    • Bei der Mehrwertsteuererhöhung 1998 war es Hausanbietern i.d.R. nicht möglich, diese auf den Kunden abzuwälzen. Das wäre ein Ansatzpunkt für Ihren Anwalt (ein Urteil im Link).
    • Im Reiserecht (nicht unbedingt verwandt) gibt es diverse Fälle, in denen Anbieter Pauschalpreise im Nachhinein anpassen wollten aber nicht durften. Auch ein Ansatzpunkt für den Anwalt.
    • Ihr Unternehmer kann den Preis auch nicht anpassen, wenn sich zum 1.4.02 rückwirkend die Löhne am Bau um 4 % erhöhen (Urteile habe ich nicht parat).
    • Und ein letzter Tipp für Ihren RA: 1995 wurde eine neue Wärmeschutzverordnung eingeführt. Auch diese hat sich auf den Baustandard ausgewirkt. Vielleicht sind dort Urteile zu finden. Im Zusammenhang mit der EnEV dürfte es noch keins geben.
  10. Bakel's Senf III

    Fertighäuser haben erfahrungsgemäß auf dem Papier nie Schwierigkeiten gehabt die WSVO zu erfüllen. Die alllermeisten waren dann auch ohne großen Aufwand als Niedrigenergiehaus nachweisbar. (U-Wert der Wand um 0.20 W/m²K)
    Sollten Sie keinen Keller bzw. keinen unbeheizten Keller bauen und haben eine Gasbrennwerttherme für Heizung und WW, dann ist es gar kein Problem die EnEVAbk. einzuhalten. Sie benötigen nicht einmal den Bonus des Blower-Door-Test (BDT)s, dessen Durchführung ich Ihnen aber trotzdem ans Herz legen.
    Ist der Nachweis schon fertig?
    Wissen Sie, welche Bauteile sich ändern sollen?
  11. Danke an alle zunächst.

    Ich möchte hier allen nochmals der Reihe nach Antworten:
    Dass das Haus nach der aktuellen EnEVAbk. gebaut wird, ist klar.
    Entscheidend ist, wer zahlt die Mehrkosten.
    zu Beitrag 1: Der Verkäufer bot das Haus über den 1.3.2002 hinaus zum "alten" Preis an, d.h. zu dem, als die EnEV noch nicht in Kraft war. Ein Lockangebot zum Zuschlagen, und ich schlug zu.
    zu Beitrag 2: Es handelt sich hier um einen VOBAbk.-Vertrag, der Bauantrag ist noch nicht gestellt und die Baustraße ist noch nicht fertig. d.h. noch kein Spatenstich gemacht. Erwartete Fertigstellung des Hauses: Okt-Nov. 2002. Die Leistung wird nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T.) (worunter ich hier mal die EnEV rechne) aufgestellt. Die Außenwand wird wie folgt in der Bau- und Leistungsbeschreibung (Baubeschreibung, Leistungsbeschreibung) beschrieben:
    • Mineralischer Strukturputz
    • Zwischenspachtel mit Glasfaserarmierungsgewebe
    • 40 mm Vollwärmeschutzplatte
    • 13 mm Holzwerkstoffplatte aus Frischholz
    • 150 mm massive Holzrahmenkonstruktion aus heimischen, getrockneten Hölzern.

    Ein Wärmeschutznachweis und eine Zeichnung des Wandquerschnitts sind sind nicht Bestandteil des Vertrages.
    zu Beitrag 3: Danke für die moralische Unterstützung, so gerne ich Ihren Vorschlag auch durchführen möchte ... Ich stimme Ihnen zu. Der wird auch noch in der RA-Kammer als Fachanwalt für Baurecht genannt.
    zu Beitrag 7: Herr Aselmeyer, welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Kurzer Link reicht.
    zu Beitrag 9: Wahrscheinlich begebe ich mich mit den neuen Tipps (Danke!) zu einem in den Links angegebenen neuen RA, der besser macht.
    zu Beitrag 10: Es werden im LVAbk. keine Zahlenwerte für die Wand genannt. Lediglich die Fenster sind mit k=1,1 W/m²K genannt. Ja, es gibt einen Keller. Wenn die Fertighäuser eh die EnEV erfüllen (vorausgesetzt), warum dann die Mehrkosten? Geraten: Abzocke!
    Der Nachweis ist noch nicht fertig, habe meinen ersten Termin mit dem Architekten nächste Woche. Vielleicht kann der mir erläutern welche Bauteile sich ändern.
    Neue Frage taucht auf: Ist der Unternehmer verpflichtet, den Wärmeschutzpass mitzuliefern? Auf wessen Kosten? (Wärmeschutzpass wird im Vertrag nicht erwähnt)

    • Name:
    • Alexander Reuter
  12. zu Beitrag 3

    falsch verstanden!
    ich meinte ihren Fertighausanbieter!
  13. Wenn der Nachweis noch nicht fertig ist,

    wie kann dann dann der Mehraufwand bekannt sein? ;-)
  14. Aus "Fragen und Antworten zur EnEV":

    Foto von Dipl.-Ing. univ. Bruno Stubenrauch

    • Was ist ein Energiebedarfsausweis und wozu ist er notwendig? (§ 13 EnEVAbk. sowie AVV zu § 13 EnEV)

    Im Energie- bzw. Wärmebedarfsausweis (Energieausweis, Wärmebedarfsausweis) sollen die wesentlichen Ergebnisse der nach der Energieeinsparverordnung erforderlichen Berechnungen und Angaben übersichtlich zusammengestellt und Eigentümern, künftigen Mietern oder sonstigen Nutzern zugänglich gemacht werden.

    • Wann muss ein Energiebedarfsausweis ausgestellt werden?

    Grundsätzlich sind für zu errichtende Gebäude mit normalen Innentemperaturen nach § 13 Abs. 1 EnEV Energiebedarfsausweise auszustellen.

    • Wer erstellt den Energiebedarfsausweis und wer darf ihn verantwortlich unterschreiben?

    Grundsätzlich der Entwurfsverfasser. Erstellt werden können die Ausweise ganz oder teilweise auch von Fachleuten, die dafür die jeweils erforderliche Sachkunde und Erfahrung haben.

    • Wer darf einen Energiebedarfsausweis einsehen?

    Den zuständigen unteren Bauaufsichtsbehörden sind die Ausweise auf Verlangen vorzulegen. Käufern, Mietern und sonstigen Nutzungsberechtigten der Gebäude sind sie auf Anforderung zugänglich zu machen (§ 13 Abs. 4 EnEV). Wenn Sie ein Komplettangebot einschl. Planung haben, gehört die Erstellung des Energiebedarfsausweises dazu. Auf Anforderung steht Ihnen eine Kopie bzw. Ausfertigung zu.

  15. Frischholz

    ach, die wunderbare Welt der Werbebroschüren :-) In einer Bau- / Leistungsbeschreibung (Baubeschreibung, Leistungsbeschreibung) hat soetwas nichts zu suchen.
    Willkommen im Club! Ich denke, wir werden von Ihnen hier noch viel zu lesen bekommen :-)
  16. Festpreis und VOB/B

    Vorausgesetzt, dass ein Pauschalpreis in Verbindung mit der VOBAbk./B vereinbart worden ist, weiterhin, dass Zeichnungen und eine Baubeschreibung Vertragsgegenstand sind, gibt es für den Hausanbieter keine Möglichkeit, von Vertragspreis abzuweichen.
    Da ist die VOB und die zugehörige langjährige Rechtsprechung eindeutig. Siehe auch die Kommentare zur VOB, z.B. Ingenstau Korbion oder Beck'scher VOB  -  Kommentar. Die sollte ein Rechtsanwalt, der sich mit VOB  -  Werkvertragsrecht befasst, ständig zur Verfügung haben. Selbst bei einer nicht erschöpfenden Baubeschreibung  -  leider fast immer die Regel bei Hausanbietern  -  gelten die anerkannten Regeln der Baukunst und natürlich die öffentlich rechtlichen Vorschriften auch ohne ausdrückliche Erwähnung als vereinbart. Ebenso ergibt sich dies aus den Landesbauordnungen, wonach jeder, der ein Haus plant und/oder errichtet, die volle Verantwortung für die Richtigkeit der Planung und Ausführung zu tragen hat. Sollte Ihr Vertragspartner die Kosten für Maßnahmen wegen der EnEVAbk. nicht kalkuliert haben, wäre dies ein "unbeachtlicher Kalkulationsirrtum" und mithin ohne jeden Einfluss auf den vereinbarten Festpreis.
    Wenn in dämmtechnischer Hinsicht außer dem beschriebenen Aufbau der Wand nichts vorgesehen war, wäre dieser übrigens auch schon nach der alten WSchVO nicht ausreichend. Möglicherweise ist da auch planerisches Unvermögen mit im Spiel. Vorsicht also!

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