Auflösung Architekturbüro - Die Akten und der Datenschutz
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Auflösung Architekturbüro - Die Akten und der Datenschutz
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Ich würde raten ...
hier einmal mit der zustänmdigen Landesarchitektenkammer zu sprechen. Und mit einem Anwalt für Erbrecht, wenn Erbberechtigte Anspruch auf diesen Teil des Erbes erheben. -
Herausgabe von Architektenakten an die Erben
Hallo, Herr Sewerd!Die Akten fallen in die Erbmasse des verstorbenen Architekten. Der Erbe (falls es ein Alleinerbe ist) oder die Erbengemeinschaft hat einen Anspruch auf Herausgabe dieser Unterlagen aus § 985 BGBAbk.. Dieser Anspruch verjährt nach § 197 BGB erst nach 30 Jahren. Ob die Unterlagen in Gänze vernichtet werden müssen, muss die Erbengemeinschaft entscheiden. Es könnte ja sein, dass sich z.B. bei den Bauplänen solche befinden, die Urheberrechtsschutz genießen (was allerdings z.B. bei simplen Einfamilienhäusern meist nicht der Fall ist). Dann könnten die Erben 70 Jahre lang Ansprüche geltend machen, gegen diejenigen, die diese Urheberrechte missachten und würden die Pläne dringend benötigen.
Vorgehen: Den oder die Erben bitten, einen Erbschein vorzulegen zum Nachweis der Erbenstellung. Wenn dort mehrere Erben als Erbengemeinschaft aufgeführt sind, sollte derjenige Erbe, der die Herausgabe an sich selbst verlangt, folgende, von allen anderen Miterben unterschriebene Erklärung im Original vorlegen:
"Wir sind die Erben des Herrn ... und sind damit einverstanden, dass Herr Rolf Sewerd die Akten und Unterlagen aus dem Architekturbüro des Erblassers an Herrn ... herausgibt. Diese Herausgabe stellt sodann die Erfüllung der seitens der unserer Erbengemeinschaft ggf. bestehenden Herausgabeansprüche dar. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass Herr Sewerd Wert auf die Feststellung legt, dass es sich bei diesen Unterlagen z.T. um personenbezogene Daten Dritter handelt, welche dem Datenschutzgesetz unterliegen und ggf. unter Beachtung der datenschutzgesetzlichen Regelungen vernichtet werden müssen. "
Und sich dann die Herausgabe der Unterlagen natürlich quittieren lassen.
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Ich habe Zweifel an der Feststellung, ...
Ich habe Zweifel an der Feststellung, dass die Akten zur Erbmasse gehören, jedenfalls was den Teil der Akten betrifft, die der Fragesteller mit Stichworten wie "Finanzierung, Familienverhältnisse, Entschädigungen, Enteignungen, Flucht" beschreibt.Dabei dürfte es um Dokumente gehen, die der Architekt seinerzeit treuhänderisch in Verwahrung hatte, um dem Bauherren bei der Realisierung seines Bauvorhabens rundum helfen zu können. Auch wenn diese Unterlagen nach Beendigung des Bauvorhabens vom Bauherren nicht zurückgefordert wurden, darf man daran zweifeln, ob sie in das Eigentum des Architekten übergegangen sind.
Nach § 1922 BGBAbk. geht das Vermögen auf die Erben über. Zum Vermögen gehört vermutlich nicht das obengenannte Treugut, sehr wohl aber die daranhängenden Verpflichtungen.
Eine Nutzung der Unterlagen, wie sie vielleicht dem "Makler-Erben" vorschweben, dürfte auf jeden Fall unzulässig sein. Auch die Daten und Unterlagen, die rechtlich zu "eigenen Akten" des Architekten geworden sind, wurden von den früheren Bauherren mit der (in der Regel stillschweigenden) Bestimmung übergeben, dass sie der Realisierung des Bauvorhabens dienen. Eine Nutzung zu anderen Zwecken ist von dieser Absicht nicht gedeckt.
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Hallo, Herr Wöckener-Guggisberg! Ich gehe davon aus, ...
Hallo, Herr Wöckener-Guggisberg! Ich gehe davon aus, Hallo, Herr Wöckener-Guggisberg!Ich gehe davon aus, dass es sich bei den "Dokumenten" überwiegend nicht um Originale, sondern um Kopien handelt. An solchen - vom Architekten gefertigten - Kopien erwirbt der Eigentümer des Originals kein Eigentum.
Wenn Originale dabei sind, wäre zunächst zu klären, ob diese dem Erblasser zum dauerhaften Verbleib überlassen wurden, oder nur zur späteren Rückgabe. Wer will das bei 1.000 BVs denn jetzt auseinanderklamüsern? Herr Sewerd ist in etwaige Auftragsverhältnisse und Verwahrungsverträge jedenfalls offenbar nicht eingetreten, denn er schreibt: "Der Betrieb selbst hatte keinen Nachfolger. "
Wenn es Unterlagen gibt, an denen ehemalige Bauherren gegenüber dem verstorbenen Architekten Herausgabeansprüche innegehabt hätten, setzen sich diese Ansprüche sodann (nach Übergabe der Akten) gegenüber den Erben fort, wenn sie nicht inzwischen ohnehin verjährt sind.
Die Herausgabe an die Erben des Erblassers ist für Herrn Sewerd der einfachste und rechtlich sicherste Weg.
Ihre Ansicht, dass eine Nutzung der Unterlagen, wie sie vielleicht dem "Makler-Erben" vorschwebt, unzulässig wäre, teile ich. Das ist nach der Herausgabe an die Erben jedoch dann nicht mehr Herrn Sewerds Problem. Mit dem o.g. Hinweis auf das Datenschutzgesetz hat er seinen diesbezüglichen Sorgfaltspflichten in jedem Fall Genüge getan.
Noch ein anderer Aspekt:
Wir kennen die Beweggründe des "Makler-Erbens" nicht genau, wissen nicht, weshalb er förmlich nach dem Material "giert". Wir Menschen neigen (ich bin da keine Ausnahme) dazu, unseren Mitmenschen erstmal Schlechtes oder gar unlautere Beweggründe zu unterstellen, ohne die wahren Hintergründe zu kennen. Ich lerne in meiner anwaltlichen Praxis oft beide Seiten kennen und muss nicht selten feststellen, dass mancher Konflikt nicht entstanden wäre, wenn man sich in den jeweils Anderen besser hineinversetzt hätte.
Was, wenn der "Makler-Erbe" gar keine unlautere Verwendung personenbezogener Daten im Sinn hat, sondern nur das Gesamtwerk seines verstorbenen Vaters in Augenschein nehmen will? Da der Vater schon ab 1949 als Architekt tätig war, dürfte der Sohn auch nicht mehr der Allerjüngste sein. Gerade mit zunehmendem Alter beschäftigen sich viele mit der Vergangenheit. Manche bereuen es gar, sich nicht schon zu deren Lebzeiten intensiver mit ihren verstorbenen Eltern oder Großeltern befasst zu haben.
Wenn mein Vater Architekt gewesen wäre, würde ich als Baurechtler auch geradezu danach "gieren" sein Schaffenswerk zu durchforsten, zu schauen, wie er Briefe formulierte und welchen Planungsstil er pflegte. Vielleicht ist es mit dem Makler-Erben nicht anders. Einzelne Pläne will er sich vielleicht an die Wand hängen oder seinen Enkeln zeigen.
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Die Zeiten ändern sich
Hallo Herr Wortmann, ich gehe auch davon aus, dass Ihre Empfehlung richtig ist.Sie kennen den sich nur sehr langsam verändernden Gebrauch der Wörter "Abschrift, Ablichtung, Fotokopie/Kopie" in der förmlichen juristischen Sprache. Noch vor etwa 10 Jahren hat ein Notar auf eine Fotokopie den (Stempel-) Vermerk gesetzt, die Übereinstimmung der "Abschrift" mit dem Original werde bestätigt.
In den 50er und 60er Jahren (auch von dieser Zeit spricht der Fragesteller) gab es für den Durchschnittsbürger praktisch keine Fotokopie. Von Urkunden wurden Abschriften (mit der Schreibmaschine oder auch mit der Hand) abgefertigt, die ohne Beglaubigungsvermerk natürlich keinerlei Beweiswert hatten, auch nicht den des ersten Anscheins.
Auch aus diesem Grund wurde viel mehr mit der Vorlage von Originalen gearbeitet als heute, weil oft ein Aktenvermerk wie "Die Genehmigung hat an Amtsstelle im Original vorgelegen" das Abschreiben und Beglaubigenlassen ersetzen konnte.
Deswegen würde ich darauf tippen, dass sich allerhand Originaldokumente bei diesen Akten befinden.
Außerdem meinte ich zwischen den Zeilen des Fragestellers gelesen zu haben, dass es ihm nicht nur um die Frage geht, wie er selbst die Akten ohne Risiko los wird, sondern dass er auch einem von ihm für möglich gehaltenen Missbrauch vorbeugen möchte. Aber vielleicht habe ich da mehr gelesen, als drinsteht.
Mit freundlichen Grüßen, Günter Wöckener
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Abschriften aus den 1950-er Jahren
Herr Wöckener-Guggisberg,Ihr Einwand bezüglich der "Abschriften" aus den 50-er und 60-er Jahren ist berechtigt; da werden wohl kaum Fotokopien darunter sein.
Indes: bei allen Bauvorhaben, bei denen die Tätigkeit des verstorbenen Architekten vor 1984 beendet war, sind die Herausgabeansprüche der Auftraggeber in jedem Fall verjährt.
Zur möglich Interessenlage des "Makler-Erbens" habe ich meinem letzten Thread, nachträglich, bevor ich Ihren letzten Beitrag las, noch einen Absatz hinzugefügt.
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Nachtrag vom Ersteller dieses Themas
Ich ergänze das gerne noch einmal und bedanke mich schon mal herzlich bis hier für die Gedanken. Es ist so, dass der "Makler-Erbe" in der Tat schon gegen den Willen und ohne Wissen des Vaters Akten eingesehen hat. Da er gleichsam Finanzmakler ist, hat er Fälle gesucht bei denen Finanzierungen alsbald auslaufen könnten. Das ist etwa zehn Jahre her. Dann hat der Vater (der Architekt) einen Riegel davor geschoben weil er böse Anrufe der Betroffenen bekam. Es wäre schön, wenn der "Makler-Erbe" auch nur einen Hauch von inhaltlichem Interesse an der Geschichte des Wirkens des Vaters hätte. Hat er aber nicht. Ich habe für alle Verwandten ein Büchlein über Leben und Werk des "Architekten" als Taschenbuch verfasst und per print-on-demand erstellt und der anwesenden Gesellschaft zu seinem 90. verteilt. Der "Makler Erbe hat es im rausgehen in die Altpapiertonne gesteckt. Konnte man nachvollziehen, weil alle Bücher gewidmet waren. Aber das ist nicht das Thema. Es geht tatsächlich darum "Flurschäden" zu verhindern, das heißt den Missbrauch der Akten zu verhindern. Die zuständige Architektenkammer zeigt sich momentan noch überfragt, sowas hatten die noch nie. -
Oha, das ist natürlich eine ganz ...
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interessante Diskussion
Vielleicht kann der zuständige Datenschutzbeauftragte da helfen, ich hätte auch Bedenken wenn da Unterlagen dabei wären die missbraucht werden könnten. -
Herausgabe von alten Unterlagen
Herr Sewerd, Ihre Schilderung klingt eher so, als ob Sie in der Frage der Herausgabe die anderen Miterben, die den Willen des Erblassers umsetzen wollen, im Prinzip auf Ihrer Seite haben und dass Sie aber mit dem verstorbenen Architekten keine (zumindest keine nachweisliche) Vereinbarung haben, wie Sie mit den Akten Verfahren sollen.Wenn Sie die Unterlagen schon seit 1990 (davon gehe ich aus) aufbewahren, bliebe Ihnen eigentlich nur, abzuwarten, bis der Anspruch verjährt ist und ob Sie in der Zwischenzeit auf Herausgabe der Unterlagen verklagt werden. Eine solche Klage kündigt sich meist auch durch vorherige Anwaltsschreiben an. Bei einem Streitwert von, sagen wir, max. 5.000 € wäre es ein Prozess vor dem Amtsgericht. Mit nur einem Anwalt (dem des Makler-Erbens) wären es, falls Sie verurteilt werden sollten, bei dem o.g. Streitwert 1.363 €, die Sie im Unterliegensfall zu zahlen hätten, bei einem geringen Streitwert entsprechend weniger.
Sie könnten, falls Ihnen das Risiko das Wert ist, so vorgehen:
Die Herausgabe (möglichst stillschweigend und ohne viel Tam Tam) verweigern, bis mindestens seit dem Beginn Ihrer Aufbewahrungszeit eine Frist von, sagen wir 30 Jahren und 3 Monaten verstrichen ist. Wenn Sie bis dahin (also wohl irgendwann in 2020) keine Herausgabeklage zugestellt erhalten haben, können Sie die Akten vernichten, allerdings nicht ungeschreddert in den Haus- oder Papiermüll, sondern den datenschutzrechtlichen Vorschriften entsprechend, z.B. über einen Aktenvernichtungsdienst.
Falls Sie vor Ablauf der Verjährungsfrist eine Klage zugestellt erhalten, sollten Sie m.E. evtl. darüber nachdenken, diese kostensparend anzuerkennen und die Unterlagen herausgeben.
Der Makler-Erbe könnte evtl. Schwierigkeiten haben, eine Herausgabeklage zu organisieren, wenn er nur als Erbengemeinschaft (davon gehen ich aus; bitte mitteilen, wenn das nicht so ist) zusammen mit mehreren anderen Miterben handlungsfähig ist.
Er könnte Sie allerdings bei unwilligen Miterben verklagen im Wege der actio-pro-socio als einzelnes Mitglied der Erbengemeinschaft, allerdings nur dann, wenn dies einer ordnungsgemäßen Verwaltung der Gemeinschaft entspräche und wenn die anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft die Geltendmachung der Herausgabe aus gesellschaftswidrigen Gründen verweigern und der Gesellschaftsschuldner (also Sie) an dem gesellschaftswidrigen Verhalten der anderen Gesellschafter beteiligt ist, vgl. BGH Urteil vom 10.01.1963, II ZR 95/61.
Es ist natürlich die Frage, ob er diesen Weg gehen wird.
Viele Grüße
Ralf Wortmann, Magdeburg Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht (Baurecht, Architektenrecht)
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Details in der Sache
Da ich den Fall ja schon mal etwas weiter aufgemacht habe hier noch die aktuelle Sachlage. Die Mutter, Gattin des Architekten und Erblassers, lebt seit kurzem nicht mehr im Haus (in dem auch die Akten lagern). Die Betreuungsvollmacht ist aufgerufen. Ich habe, um gerüstet zu sein, die Zeit für diesen Eintrag schon mal weiter gedreht - denn das unvermeidbare wird kommen. Da es allein schon mit besagtem Makler-Erben sofort und unmittelbar Streit um die Betreuungsvollmacht gegeben hat, wurde zeitgleich das Familiengericht gebeten einen amtlichen Betreuer vorzuschalten was die rechtlichen und vermögenswirksamen Aktionen anbelangt. (Ja, man muss sich als normal denkender an den Kopf greifen - hilft aber nicht). Ein Termin ist bereits vom Gericht angesetzt und ich habe den Fall des zu regelnden Zugriffs auf die Akten und auf das Vermögen gestern noch ergänzend zum Gericht gegeben. Ich warte nun den Termin ab, vielleicht wird eine Lösung bereits darüber erreicht. Wenn nicht, dann wird es spannend. Da ich es doof finde, wenn solche Einträge wie dieser offen enden, werde ich alsbald weiter berichten und bin auf weitere Hinweise gespannt. Von mir aus kann es aber Mitte Februar 2014 werden bis Neues kommt.