Ich bin entsetzt  -  darf ein Architekt so etwas überhaupt?
BAU-Forum: Architekt / Architektur

Ich bin entsetzt  -  darf ein Architekt so etwas überhaupt?

Liebe Bauexperten,

mein Nachbar hat ein relativ kleines Grundstück erworben und will dieses nun mit einem Neubau "ausreizen". Er hat mir nun den Plan vorgelegt, den sein Architekt erstellt hat.

Durch "Zufall" habe ich entdeckt, dass ca. 1,8x10 m der Abstandsfläche auf mein Grundstück fällt. Darauf angesprochen hat mein Nachbar gemeint, dass er sich da nicht auskenne, der Plan stamme von seinem Architekten und der habe mit ihm darüber nicht gesprochen. Ich habe die Unterschrift verweigert und heute nun legt mir mein Nachbar den vom Architekten geänderten Plan vor, wobei nun die Abstandsfläche auf meiner Seite halbiert wurde und auf der der Straße zugewandten Seite voll angesetzt wird (7,2 m), wobei nur 1,5 m auf seinem eigenen Grundstück liegen.

Diesen Plan soll ich nun erneut unterschreiben, obwohl ich glaube zu wissen, dass die Hälfte der Abstandsfläche auf dem eigenen Grundstück liegen muss (Bayern).

Darf ein Architekt bewusst so planen und einen derartigen Plan den Nachbarn zur Unterschrift vorlegen? Ich meine, der hat doch eine Planvorlageberechtigung mit den entsprechenden Qualifikationen etc.

  • Name:
  • Ein entsetzter Nachbar
  1. Der Architekt vertritt die Interessen Ihres Nachbarn,

    Foto von Josef Schrage

    dafür wird er bezahlt.

    Ihre Interessen müssen Sie schon selbst vertreten, und im Zweifel ganz einfach nichts unterschreiben! Bleiben Sie standhaft und lassen Sie sich alles ganz genau erklären.

    Nichts und Niemand kann Sie zu einer Unterschrift zwingen!

    Gruß

  2. @Herr Schrage

    Danke Herr Schrage für Ihre Antwort und den Mutzuspruch!

    Ich bin ehrlich gesagt etwas enttäuscht, dass ein eigens dafür ausgebildeter und dazu berechtigter Planer offensichtlich auch gegen die geltenden Bauvorschriften planen und das zur Unterschrift vorlegen darf  -  darf das ein Jurist oder Steuerberater?

    • Name:
    • Ein immer noch entsetzter Nachbar
  3. naja, ganz so negativ würde ich ...

    naja, ganz so negativ würde ich das nicht sehen. Er fragt ja offenbar, weil er weiß, dass er so nicht einfach bauen kann. Das ist legitim. Fragen Sie Ihn doch mal ob er die Kosten für eine ergebnisoffene Beratung für Sie übernimmt (durch einen von Ihnen bestimmten Fachmann/Frau zu diesen Fragen (Anwalt, Architekt). Andernfalls: no go
  4. Er darf die

    Foto von Martin Eggelsberger

    Abstandsfläche halbieren. Auf 2 Seiten. Jedoch muss er den Mindestgrenzabstand einhalten. Das sind 3 m. Vorausgesetzt, h/2 ist kleiner als 3 m. Ist das Haus z.B. 8 m hoch, sind h/2 4 m, d.h. Grenzabstand 4 m. Ist das Haus 5 m hoch, sind h/2 2,5 m, d, h, hier greift der Mindestabstand mit 3 m.

    Das ganze ist hinfällig, wenn ein gültiger Bebauungsplan mit eingezeichnetem Baufenster vorliegt. Dann muss innerhalb des Fensters gebaut werden.

  5. Entsetzter Namenloser ...

    natürlich darf der Planer das! Es könnte ja sein, dass Sie das alles gar nicht stört und Sie unterschreiben. Wenn Sie nicht wissen, was der Nachbar darf, ohne Ihre Rechte zu beschneiden, müssen Sie sich jemanden suchen, der Sie über die Grenzen des Baurechts aufklärt.

    Das "Standhaft bleiben und nicht unterschreiben" des Herrn Zänkert kann auch massiv nach hinten losgehen, weil die Gemeinde durchaus das Recht hat, das nachbarliche Einvernehmen sozusagen ersatzweise selbst zu erklären, wenn die Weigerungsgründe nicht nachvollziehbar sind! Dann haben Sie 0,0 Chance, noch irgendwas zu bewegen! Wenn Sie meckern, wird die Gemeinde (zu Recht) genau das sagen, was ich auch sage  -  Sie hätten ja jemanden mit Ahnung fragen können!

    Es mag lästig sein, weil es kostet. Aber anders geht es nicht!

  6. @Herr Dühlmeier

    Foto von Josef Schrage

    diesen Satz:

    "Das "Standhaft bleiben und nicht unterschreiben" des Herrn Zänkert kann auch massiv nach hinten losgehen, weil die Gemeinde durchaus das Recht hat, das nachbarliche Einvernehmen sozusagen ersatzweise selbst zu erklären, wenn die Weigerungsgründe nicht nachvollziehbar sind! "

    erklären Sie bitte mal genauer.

    Außer, dass der Satz mit dem Standhaft bleiben von mir stammt, glauben Sie also wirklich das eine Gemeinde sich so einfach mirnichtsdirnichts über Nachbarschaftsrechte hinwegsetzen darf?

    Wirklich?

    Gruß

  7. Es gibt durchaus ...

    Fälle, bei denen die Gemeinde auch gegen den Willen der Betroffenen Dinge durchsetzen kann. Eben auch das Einvernehmen für eine Grenzabstandsunterschreitung herstellen. z.B. dann wenn die Gründe für die entsprechende Vorschrift (hier vor allem Brand- und Nachbarschutz) gar nicht tangiert werden und auch zukünftig nicht tangiert werden und daher kein vernünftiger Anlass zur Weigerung vorliegt. Beispiel: Grundstück A im hinteren Bereich nicht bebaubar, weil dort ein Bach auf dem Grundstück verläuft. Dort soll eine Abstandsbaulast eingetragen werden. Nachbarrechte werden nicht tangiert (Ackerfläche an Wohngebiet angrenzend), Bauer X ist einfach nur stur. Da ist es möglich, die Zustimmung zu ersetzen.

    Auch in zig anderen Fällen. Alles schon vorgekommen und vor Gericht nicht beanstandet worden.

  8. Ich danke ganz herzlich für die zahlreichen Hilfestellungen und Rückmeldungen!

    Vor allem auch für die Rückmeldungen, die mir aufzeigen, dass es auch gute Gründe geben mag, von den Bauvorschriften abzuweichen, nur warum werden diese "guten Gründe" dann z.B. nicht auf einem Extrablatt aufgeführt, das dem Plan beigelegt wird?

    Ich glaube, das wäre im Interesse aller Beteiligten  -  Planer, Bauherr, Nachbar, Prüfungsbehörde ...

    In meinem Fall kann ich noch keine "guten Gründe" erkennen, denn der erste mir vorgelegte Plan enthielt ca. 18 m² Abstandsfläche auf meinem Grundstück und in der dann geänderten Version wurde die volle Abstandsfläche einfach zur Straße hin verlegt und sonst nichts geändert.

    Mir geht es in diesem Fall nicht um den Bauherr, der natürlich versucht, das Maximum aus seinem Grundstück herauszuholen, es geht mit um den autorisierten Planer mit Planvorlageberechtigung und seine Arbeitsweise.

    • Name:
    • Ein inzwischen etwas beruhigter Nachbar
  9. nicht zu einfach machen

    Wer vom festgeschriebenen Planungsrecht abweichen will, braucht Anträge auf Befreiung. Zum guten Ton gehört, dass man die Unterschiede genau definiert, also darlegt, wo man die Zustimmung des Nachbarn braucht. Wer einfach einen Plan zur Unterschrift vorlegt und verlangt der Nachbar muss alles selbst herausfinden, will betrügen. Und noch eines: eine einmal gegebene Zusage durch Unterschrift ist gültig, auch wenn sich das ganze Gelaber vorher als falsch herausstellt. Allerdings können Sie den Bau mit gestalten, wenn man Ihre Zustimmung braucht. Schon mancher hat bereut, dass ein Nachbarbauwerk ohne nötige Nachbarzustimmung schlimm wird z.B. durch Balkone und Terrassen mit Blick auf das eigene Grundstück. Gruß
    • Name:
    • Herr Kla-2930-Kir
  10. Zustimmung kann geldwerter Vorteil sein:

    Wenn Sie z.B. später ihr eigenes Haus nicht mehr erweitern können, weil Sie einen Teil der Abstandsfläche übernehmen, um dem Nachbarn sein Vorhaben zu ermöglichen, dann ist das für Sie ein Nachteil bzw. für den Nachbarn ein geldwerter Vorteil, auch wenn Sie selbst das zurzeit gar nicht beabsichtigen. Noch etwas: Es ist des Nachbarn Problem, nicht Ihres, wenn er nicht so groß bauen kann, wie er will, weil sein Grundstück eigentlich zu klein ist.
  11. Es muss wie immer alles im Rahmen bleiben ...

    Foto von wiki

    Es muss wie immer alles im Rahmen bleiben und darauf sollte sich die Diskussion beschränken! Wenn Unterlagen zur Unterzeichnung vorgelegt werden die augenscheinlich mein eigenes Grundstück betreffen dann eben nicht unterzeichnen. Keine Gemeinde wird so einen Vorschlag erzwingen wollen, auf welcher rechtlichen Grundlage denn? Im Gegenzug sollten Nachbarn doch immer konstruktiv miteinander umgehen, z.B. wenn der Nachbar eine Unterschrift für etwas braucht, warum nicht einen ordentlichen Gegenvorschlag unterbreiten der Ihnen zugute kommt?
  12. Nochmal,

    Foto von Martin Eggelsberger

    wenn das Haus i.M. nicht höher als 6 m ist, reichen 3 m Grenzabstand.

    Wie setzen sich die 18 m² zusammen? 9x2 m, 6x3 m oder ...?


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