Tatort: Bayern (hier laufen die Uhren ein wenig ... anderes).
Unser Fall (Abschnitt 1):
Ein inzwischen verstorbener Bauherr kaufte vor 40 Jahren ein großes Feld, teilte es in mehreren Grundstücken auf und der Verlauf der Grenzen und die Abmarkung der Grenzpunkte wurden rechtverbindlich anerkannt.
Kurz danach und fast zeitnah wurde unser Doppelhaushälfte-Grundstück von unseren Rechtsvorgängern und das benachbarte Grundstück von unserem Nachbar gekauft und der geplante Bau der Doppelhaushälfte"en sowie Doppelgarage durch den Verkäufer/Bauherrn vorangetrieben.
Auf Sonderwunsch des Nachbarn wurde seine Garage entgegen den genehmigten Bauplänen länger als unsere Garage gebaut.
Diese wurde um 1 Meter länger mit auch an dieser Stelle vollständiger 20 cm dicken Wand gebaut. An der Stelle wo die Garage länger war/ist und auf unserem Grund wurde ein "Sonderbau" von ca. 100 cm x 28 cm x 260 cm angemauert (als Verlängerung der Wand unserer Garage) und in diesem Bau wurde der Stromanschlusskasten (60 cm x 80 cm x 20 cm) für beide Doppelhaushälfte"en eingemauert, der sonst auf die Wandfront je zur Hälfte eingemauert würde.
Auch ist es so, dass das Bauteil bzw. der Stromanschlusskasten nur von unserer Seite des Grundstückes zugänglich ist.
In beiden Kaufverträgen steht über die Sonderwünsche und evtl. Überbauten:
1) "Der Verkäufer darf die Zustimmung nur aus sachlichen Gründen verweigern, insbesondere falls Sonderwünsche die Durchführung des Bauvorhabens verzögern oder beinträchtigen würden. Im übrigen, dürfen Sonderwünsche nur durch den Verkäufer im Namen und für Rechnung des Käufers vergeben werden.
Der Verkäufer übernimmt in diesem Zusammenhang keine Haftung ... "
2) "Falls sich nach Durchführung des Bauvorhabens herausstellen sollte, dass die Trenngrenze zwischen Reihenhauseinheiten oder Garagen nicht deckungsgleich mit der Trennmauer verläuft, ist der Käufer verpflichtet, auf Kosten des Verkäufers bei der erforderlichen Grenzkorrektur mitzuwirken und alles dazu erforderliche zu tun und zu erklären, insbesondere eine mit seinem Vertragsbesitz überbaute Fläche zu erweben bzw. eine vom Nachbaranwesen überbaute Fläche an den Nachbarn zu veräußern. Die Veräußerung oder der Erwerb erfolgen ohne Gegenleistung des oder an den Nachbarn. "
Eine "erforderliche Korrektur" wurde damals und bis heute nicht vorgenommen und es gibt weder eine Kaufurkunde noch eine Veräußerungsurkunde.
Unser Nachbar beansprucht nun diesen Sonderbau, als sei er sein Eigentum, da zum Zeitpunkt des Anbaus -- beide Garagen im gleichen Besitz waren -- und es handelt sich um einen Eigengrenzüberbau ...
Die wichtige Frage ist, ob es so einfach ist, mit dem Begriff "Eigengrenzüberbau" die Eigentumsverhältnisse manipulieren zu können, zumal der Erbauer diese Grundstücke und die noch zu errichtenden Bauten schon vorher mit rechtsgültigen (im Grundbuch vorgemerkten) Verträgen verkauft hatte.
Es dürfte doch einen Unterschied geben, wenn der Bauherr alles fertig baut und dann verkauft. In so einem Fall würde es eindeutig um einen Eigengrenzüberbau handeln. Aber erst für einen bestimmten Preis verkaufen und dann z.B. 10 m² zum Vorteil seines Lieblingskäufers überbauen und ihm über die dubiosen Verträge mittels einer kostenlosen Grenzkorrektur zweifelsfrei bevorteilen, dürfte schon sehr ungerecht sein!
Auch stellt sich die Frage: Welche Bedeutung hat in diesem Sonderwunsch-Fall die Vertragsklausel, dass der Käufer die Haftung übernommen hat?
Ist hiermit gemeint, dass auch für Unrechtmäßigkeiten, wie das grob fahrlässige Bauen über die Grenze, nicht der Verkäufer/Erbauer, sondern hauptsächlich der Kläger verantwortlich bzw. haftbar zu machen ist, denn der Verkäufers/Erbauer handelte ausschließlich im Namen, für Rechnung und auch auf Haftung des Käufers?
Haben wir in so einem Fall mit einem Eigengrenzüberbau, oder in Wirklichkeit mit einem "Überbau im Auftrag" zu tun, welcher dann nach dem BGH, Urteil vom 19.09.2008, Az. V ZR 152/07 und auch nach dem OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.12.2009, Az. 6 U 121/09 keinesfalls zu dulden ist?
Für jeden fachlichen Hinweis und jede Meinung sind wir sehr dankbar.
Mit Gruß