Bauvoranfrage für Gartenhaus abgelehnt
BAU-Forum: Bauplanung / Baugenehmigung

Bauvoranfrage für Gartenhaus abgelehnt

Wir wohnen in einer ca. 70 Jahre alten Siedlung ohne Bebauungsplan im Innenbereich einer niedersächsischen Kleinstadt. Das Grundstück ist ca. 980 qm groß.

Jetzt haben wir geplant uns ein Gartenhaus am Ende unseres Gartens zu bauen. Natürlich mit dem entsprechenden Grenzabstand zu allen Nachbarn. Die Lage haben wir uns dort ausgesucht, weil dort nachmittags die Sonne genutzt werden kann. Geplant war ein ca. 60 Kubikmeter großes Gartenhaus für das wir ordnungsgemäß einen Bauantrag stellen wollten (lediglich 40 Kubikmeter sind genehmigungsfrei). Die Baugenehmigung erteilt bei uns nicht das Bauamt der Stadt, sondern der Fachbereich Bauen des Landkreises. Im Verfahren werden jedoch als Verfahrensbeteiligte das zuständige städtische Bauamt, die Denkmalschutzbehörde, der Schornsteinfeger usw. um Stellungnahme gebeten.

Nun haben wir die Bauvoranfrage mit den Lageplänen beim Landkreis eingereicht. Die Stellungnahme der Stadt war positiv und befürwortete unser Bauvorhaben. Die anderen Beteiligten hatten ebenfalls keine Einwände. Dennoch will der Landkreis die Bauvoranfrage, so wie sie gestellt ist ablehnen. Nach Aussage des Landkreises dürfen wir das Gartenhaus nur ca. bis zur Mitte unseres Grundstückes bauen, da in unserer Straße keine Bebauung darüber hinaus erfolgt ist und niemand ein Gebäude am Ende des Grundstücks gebaut hat. Eine prägende Bebauung lässt erkennen, dass sich die vorhandenen Nebengebäude ausschließlich in diesen Grundstücksbereichen befinden. Ein Nebengebäude im hinteren Bereich würde sich demnach nicht einfügen. Laut Aussage des Landkreises dürften wir in dem Grundstücksbereich, also der Hälfte unseres Grundstücks überhaupt gar nichts bauen. Nicht mal eine Terrasse und auch kein genehmigungsfreies Gartenhaus. Als Maßstab der Bebauung wird ausschließlich unsere Straßenseite genommen und davon das am weitesten bebaute Grundstück. Alle anderen Grundstücke der Siedlung werden nicht berücksichtigt. Hier findet man überall Bebauung im hinteren Grundstücksbereich. Teilweise stehen in einem Garten zwei große Gartenhäuser nebeneinander am Ende der Grundstücke. Die Grundstücke der Parallelstraße Grenzen an die Grundstücke unserer Straße. Da werden kräftig Gartenhäuser in die hintere Ecke gestellt (also praktisch fast an unsere Gartengrenze). Das stört mich im Prinzip nicht. Allerdings finde ich es ungerecht, dass wir diese Möglichkeit nicht haben und eigentlich die Hälfte unseres Gartes nicht nach unserem Wunsch anlegen dürfen. Man sagte uns, wenn auf irgendeinem Grundstück in unserer Straße noch ein altes Gebäude am Ende des Grundstücks gestanden hätte, hätten wir auch bis dort etwas bauen dürfen. Ich schätze mal nicht, dass es zählt, wenn man auf alten Fotos noch nachweisen kann, dass früher dort Gebäude gebaut waren. Aufgrund des Alters der Siedlung sind die irgendwann leider wegen Baufälligkeit abgerissen worden. Mein Vater meinte, dass es früher sogar diverse solcher großen Stallungen in der Siedlung gab.

  • Meine Frage ist, ob es eine genaue Definition gibt, welcher Bereich bei der Betrachtung der näheren Umgebung einfließt?
  • Kann es sein, dass nur eine Straße innerhalb einer Siedlung betrachtet wird?
  • Könnte ein genehmigungsfreies Gartenhaus tatsächlich in dem Bereich verboten werden?
  • Besteht ggf. die Möglichkeit auf Erfolg wenn man über einen Anwalt Widerspruch einlegt?
  • Name:
  • Anja
  1. muss so sein

    Für alle Gebäude, die von der Genehmigungsfreiheit abweichen, muss ein Bauantrag gestellt werden. Das haben sie getan! Folglich musste dieser auf Grund der Baugesetze abgelehnt werden.

    Alle abgerissenen Gebäude von früher sind "untergegangen" und damit nicht mehr zu betrachten.

    Die andere Straßenseite ist auf ihr Grundstück bezogen nicht mehr "ortsüblich" Die vorbeugenden Begründungen des Amtes warum sie ihr Grundstück nicht voll nutzen können sind abenteuerlich. Nutzungseinschränkungen gehen nur durch einen Bebauungsplan. Reduzieren sie ihr Vorhaben auf ein genehmigungsfreies Gartenhaus und machen sie dem Amt Mitteilung darüber. Wenn diese danach die Genehmigungsfreiheit bestreiten müssen sie klagen oder auf das Vorhaben verzichten. Oft hilft auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde wegen Kompetenzüberschreitung oder ein Artikel in der Regionalzeitung. Das Ortsbauamt ist für eine Genehmigung nicht zuständig.

    Ach so: eine Kaskaden-Bebauung (also 2x genehmigungsfrei bauen, 30 qm plus 30 qm) ist nicht zulässig)

  2. Kurzzusammenfassung

    [ Zitat Anfang ] ... Meine Frage ist, ob es eine genaue Definition gibt, welcher Bereich bei der Betrachtung der näheren Umgebung einfließt?

    Kann es sein, dass nur eine Straße innerhalb einer Siedlung betrachtet wird?

    Könnte ein genehmigungsfreies Gartenhaus tatsächlich in dem Bereich verboten werden?

    Besteht ggf. die Möglichkeit auf Erfolg wenn man über einen Anwalt Widerspruch einlegt? ... [ Zitat Ende ]

    Nein Ja Ja Jain  -  kann der Anwalt (gegen Geld) beantworten  -  vermutliche Antwort: Nein

    PS: Die gestellte Bauvoranfrage deutet darauf hin, dass Ihr das Problem im Vorfeld erkannt und genau die Antwort erwartet habt ;)

  3. § 34

    Foto von Martin G. Halbinger

    die "genaue" Vorschrift ist Teil des § 34 BauGB. "Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt ... " Da stehen höchst konkrete Aussagen drin ... oder? ;-)

    1. Die Zulässigkeit gilt auch für genehmigungsfreie Bauten also kleinere Gartenhäuser usw.

    2. Die zitierte Einschätzung des Amts ist grundsätzlich erstmal richtig ...

    aber:

    Der maßgebliche Ansatzpunkt ist, ob der gewählte Umgriff der "näheren Umgebung" richtig gewählt wurde. Die Straßenseite ist erstmal zwar der übliche Ansatz, aber je nach Struktur des Baugebietes und städtebaulicher Entwicklung nicht der Einzige bzw. nicht immer der Richtige. Wenn die Parallelstraße z.B. vergleichbar ist (nicht die Hauptstraße) wird oft das ganze Geviert betrachtet, manchmal auch benachbarte Bereiche. Die korrekte Auslegung des § 34 ist eine Wissenschaft für sich ... da es hier oft auch um viel Geld geht, gibt es haufenweise Gerichtsurteile die bestimmte Einzelfälle entscheiden und damit die Abgrenzung richtige  -  falsche Auslegung festlegen. Wenn die Gemeinde zustimmt, ist dies auch hilfreich ...

    Hier kann ein Fachanwalt (Bau- und Verwaltungsrecht (Baurecht, Verwaltungsrecht)) ggf. helfen in dem er Vergleichsfälle und abweichende Gerichtsurteile recherhiert und (solange die Ablehnung noch nicht geschriben ist) mit der Behörde verhandelt oder (wenn schon abgelehnt) ggf. Widerspruch / Klage einlegt. Oder er bestätigt Ihnen, das die Einschätzung hier eher richtig ist und eine Klage wenig Chancen hat ... dann können Sie ihren Antrag noch kostengünstig zurückziehen.

    Dienstaufsichtsbeschwerde und Presse mögen bei abwegig falschen Einschätzungen oder rechtswidrigem Verhalten hilfreich sein, hier machte es nur böses Blut und erstickt mögliche Verhandlungsspielräume.

  4. § 34 BGB

    Dort steht nur etwas über die Zulässigkeit von genehmigungspflichtigen Bauwerken für Wohnzwecke und Arbeitsstätten. Genehmigungsfreie Bauwerke oder Anlagen sind nicht genannt. Die Anwendung auf genehmigungsfreie Anlagen muss man in den Text "hineindichten" bzw. den Ermessensspielraum "auf Null reduzieren". Wenn man zum Beispiel bedenkt, dass der Bürger nicht selbst entscheiden kann, dass ein Vorhaben genehmigungsfrei ist, sondern er sich diese Meinung vom Bauamt bestätigen lassen muss dann wird die Auflistung der genehmigungsfreien Vorhaben in der Bauordnung absurd.
  5. @ Herr Kirschner

    Foto von Martin G. Halbinger

    @ Herr Kirschner

    Der erste Absatz gilt erstmal für Alles ... ohne Einschränkungen z.B. auf bestimmte Nutzungen.

    Erst in den späteren Absätzen gibt es Ausnahmeregelungen, weitere Details und die Möglichkeit von sog. Innenbereichssatzungen.

    Das BauGB ist ein Bundesgesetz und regelt in §§ 30  -  35 die Zulässigkeit von Vorhaben (definiert in § 29). Es wird geregelt ob etwas sein darf. Es steht auch nirgends genehmigungspflichtig ... Die Aufteilung in verschiedene Verfahren, z.B. genehmigungspflichtig, genehmigungsfrei oder freigestellt machen dann erst die Landesbauordnungen; mit z.T. unterschiedlichen Begriffen und Grenzen. Dort werden dann auch die Details geregelt, wie gebaut werden darf (Brandschutz, Abstandsflächen, usw.).

    Die Genehmigungsfreiheit ist in den Bauordnungen ausführlich, klar und abschließend geregelt ... wenn da was als genehmigungsfrei klar genannt ist, ist es auch genehmigungsfrei ... Wer sich unsicher ist, ob seine Maßnahme darunter fällt, kann beim Bauamt nachfragen, um Missverständnisse zu vermeiden.


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