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Haftungsfrage Freistellungsverfahren
BAU-Forum: Bauplanung / Baugenehmigung

Haftungsfrage Freistellungsverfahren

Hallo,
wir werden demnächst in NRW im Freistellungsverfahren die Unterlagen einreichen (lassen).
In einigen Punkten (z.B. Überschreitung der Baugrenze durch untergeordneten Baukörper; max. Traufhöhe) könnten jedoch Konfliktpotentiale mit dem Bebauungsplan enthalten sein.
Gerade bei der zul. Traufhöhe kann man ja unterschiedlichster Auffassung sein, wo sie gemessen wird (die Traufhöhe variiert stark wg. 'Abschrägung'  -  niedrigster Punkt ist jedoch im Plan  -  komplett geht nicht wg. Baufenster ...).
Nun die pragmatische Frage: Hafte ich selbst, oder haftet mein Architekt, wenn einer der Nachbarn schlimmstenfalls klagen wird, bzw. einen Baustopp/Rückbau etc. erwirkt?
Danke im Voraus,
B. Schneider
  • Name:
  • Bernd Schneider
  1. beide

    Foto von Martin G. Halbinger

    Gegenüber der Bauaufsichtsbehörde haften erstmal Sie, da Sie als Bauherr der "Verursacher" sind. Evtl. ist auch Ihr Entwurfsverfasser (Architekt) von der Behörde belangbar.
    Privatrechtlich können Sie evtl. Schadensersatz von Ihrem Architekten verlangen wenn ihm eine entsprechende Schuld nachweisbar ist.
    Wenn Sie / Ihr Architekt sich bei diesen Punkten unsicher sind, sollten Sie mit dem Bauamt abklären, ob diese Befreiungen überhaupt erteilt werden.
    Auch eine Überschreitung der zul. Traufhöhe in Teilbereichen (z.B. Traufe eines Quergiebels) erfordert formell eine Befreiung.
    In der Baunutzungsverordnung (BauNVOAbk.) steht zu untergeordneten Bauteilen außerhalb des Bauraums " ... kann zugelassen werden", nicht "ist zulässig" o.ä.! D.h. auch dafür muss formell eine Befreiung erteilt werden.
    Beachten Sie dies, bevor Sie (ungewollt) einen Schwarzbau errichten, noch dazu, wenn seitens der Nachbarn ein Klagerisiko besteht.
  2. § 23 Abs. 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO)

    Ich muss Herrn Halbinger leider in einem Punkt widersprechen. Die Zulassung eines Vor- oder Zurücktretens von Gebäudeteilen in der o.g. Vorschrift ist formell weder Ausnahme noch Befreiung i.S.v. § 31 BauGB, sondern eine reine Ermessensentscheidung der Baugenehmigungsbehörde. Diese Unterscheidung ist bedeutsam für die Einvernehmenserteilung der Gemeinde und  -  je nach Bundesland  -  für die Genehmigungsfreistellung.
  3. Korrektur

    Foto von Erich Bauer

    dann korrigiere ich meine Aussage:
    ... erfordert die Zustimmung der Beuaufsichtsbehörde. Auf jeden Fall ist es ratsam, vorher in einem Gespräch abzuklären, ob mit dieser Zustimmung gerechnet werden kann.
  4. Stichwort Ermessensentscheidung

    ist es denn nicht so, dass beim Freistellungsverfahren im Prinzip nicht mehr geprüft wird, sodass nach Ablauf der 4 Wochen 'im Prinzip' auch jeder noch so fragwürdige Bau erstmal hochgezogen werden kann?
    Und danach hat der liebe Nachbar dann so lange er will Zeit, um den geeingneten Sachbearbeiter für einen Ermessensbescheid abzuwarten, der mir dann nachträglich den Bau als Schwarzbau deklariert etc. ...?
    Oder nochmals anders formuliert: habe ich beim Freistellungsverfahren überhaupt eine Chance davon auszugehen, dass mein Bau hinterher nicht anfechtbar ist? (Zur Erklärung: Nachbar will unter allen Umständen einen ihm die Sicht versperrenden Bau verhindern/verzögern  -  auch wenn's ihn Geld kostet. Selbst wenn ich den Bebauungsplan komplett zu 100 % einhalte und 5 m von jeder Baugrenze wegbliebe!)
    Falls nicht: ist dann der klassische Bauantrag der einzig sichere Weg (der dann bei Einspruch des Nachbarn jedoch laaange dauert)? Und ich beginne den Bau wenn's der Nachbar so will erst in 2006?
    Welche Chance habe ich denn das (eigentlich stinknormale) Haus zügig und unanfechtbar zu errichten?
    • Name:
    • Bern Schneider
  5. Einspruch kein Aufschub

    Soweit ich weiß hat man es inzwischen so geändert, dass ein Einspruch eines Nachbarn nicht zu einem Aufschub führt, sondern man (auf eigenes Risiko) weiterbauen kann. Grund: Oft haben so Nachbarn erstmal Einspruch eingelegt um ihn dann gegen Zahlung einer bestimmten Summe zurückzusziehen. Das war für Investoren oft günstiger als 2 Jahre Verzug. Um diese Masche zu Unterbinden hat man das abgeschafft. Habe ich jedenfalls so kürzlich in einem aktuellen Baurechtslehrbuch gelesen. => Laienmeinung!
  6. Wettkampf

    Foto von Christian Sigge

    das wird sich dann wie ein Wettkampf gestalten.
    Wer die bessere "Mannschaft" hat gewinnt ...
    Konkret
    Sie können bzw. sollten versuchen, alle möglichen Angriffspunkte zu überprüfen bzw. zu entschärfen. Hierbei wird ein Fachanwalt nötig sein.
    Sie müssen alles überprüfen, was Aufgrund irgend einer Gerichtsentscheidung als nachbarschützend anerkannt wurde. Wo in einer Entscheidung ein Ermessensspielraum besteht, müssen Sie eben durch den Fachanwalt prüfen lassen, ob keine fehlerhafte Ermessensentscheidung getroffen wurde, usw.
    Eine wirklich 100 % Sicherheit werden Sie nie bekommen, aber mit guten Fachleuten und entsprechendem (auch finanziellem) Aufwand können Sie sehr nahe rankommen.
  7. Föderalismus

    Ergänzende Fachdiskussion (mit Herrn Halbinger):
    Genehmigungsfreiheit besteht nach § 67 Abs. 1, Satz 1 Nr. 1 BauO NW und nach Art. 64 Abs. 1, Satz 1, Nr. 4a der Bayerischen Bauordnung, wenn das Vorhaben u.A. den Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht widerspricht. Wird in diesen Ländern möglicherweise das geringfügige Vor- und Zurücktreten (Vortreten, Zurücktreten) i.S.v. § 23 Abs. 2 Baunutzungsverordnung (Baunutzungsverordnung (BauNVOAbk.)), das in einem Genehmigungsverfahren natürlich im Rahmen des Ermessens zugelassen werden könnte, als den Festsetzungen widersprechend angesehen? Im Hinblick auf § 30 Abs. 1 BauGB meine ich, dass alles, was nach § 23 Abs. 2 Baunutzungsverordnung (Baunutzungsverordnung (BauNVO)) zugelassen werden kann, auch nicht widerspricht. Aber ich bin dort "Ausländer".
    Nach § 56 Abs. 2 Satz 1, Nr. 2 der Hessischen Bauordnung stellt sich dieses Problem nicht.
  8. Sie sollten keine Panik

    bei den noch Bauwilligen erzeugen, sonst baut niemand mehr.
    Falls das Vorhaben zu 100 % den Festsetzungen des Bebauungsplanes entspricht, haben Sie auch im Freistellungsverfahren von den Nachbarn nichts zu befürchten.
    Abweichungen (Ausnahmen, Befreiungen usw.) können je nach Bundesland zu Änderungen im Verfahren führen = Föderalismus in Reinkultur. z.B. in Hamburg können im Bauanzeigeverfahren Abweichungen durch einen rechtskräftigen Vorbescheid geklärt werden, bzw. im Anzeigeverfahren explizit beantragt werden. Diese Abweichung wird dann auch geprüft und rechtssicher genehmigt oder abgelehnt.
    Wie das in NRW geregelt ist, dazu sollten Sie Ihren Architekten befragen.
    Freundliche Grüße
  9. @Bauer

    Foto von Frau Ank-332-Hae

    Soweit der Bebauungsplan keine weiteren Festsetzungen zu Bauraumüberschreitungen enthält, wird eine Überschreitung (nach Auskunft einer Kollegin) als Abweichung von den Festsetzungen betrachtet: folglich kein Freistellungsverfahren.
    Wobei mir so ein Fall noch nicht untergekommen ist. Ich werde aber mal unsere Hausjuristen befragen ...
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