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Statisch bestimmte Systeme

Definition

Eine Lagerung nennt man statisch bestimmt, wenn die Lagerreaktionen (Kräfte und Momente) allein aus den Gleichgewichtsbedingungen bestimmbar sind.

3 Gleichgewichtsbedingungen -> 3 Lagerkräfte

Enthält ein System Gelenke, so ergibt sich aus jedem Gelenk eine zusätzliche Gleichgewichtsbedingung. Im Gelenk ist das Moment null (M=0).
Bei Trägern ohne Gelenke gibt es 3 Gleichgewichtsbedingungen, deshalb müssen 3 Lagerkräfte erfüllt sein. Bei Trägern mit n-Gelenken benötigt es folglich 3+n Lagerkräfte und es gibt 3+n Gleichgewichtsbedingungen.

Statisch bestimmte SystemeBeispiele für statisch bestimmte Systeme

Instabile Systeme

Ein System ist statisch instabil, wenn bei n Gelenken weniger als 3+n Lagerreaktionen zur Verfügung stehen, oder wenn sich die Wirkungslinien der Lagerkräfte in einem Punkt oder im Unendlichen schneiden (WL sind parallel zu einander). Instabile Tragwerke sind in der Baustatik nicht zulässig, da es zu großen Verformungen oder Einstürzen kommen kann.

 

instabile SystemeBeispiele für instabile Systeme

Statisch unbestimmte Systeme

Statisch unbestimmte Systeme haben bei n Gelenken mehr als 3+n Auflagerreaktionen. Deshalb nennt man sie auch überbestimmte Systeme.

Vorteile unbestimmter Systeme:
Größere Steifigkeit, deshalb geringere Verformungen
Geringere Abmessungen
Oft besitzen diese Systeme auch eine zusätzliche versteckte Sicherheit
Nachteile unbestimmter Systeme:
Schwieriger zu berechnen, da für die Berechnungen zusätzliche Bedingungen benötigt werden. Man behilft sich mit den auftretenden Verformungen
Bei Lagersenkungen oder Temperaturveränderungen treten Zwängungen auf, die das Tragwerk zusätzlich belasten können

Auflagerreaktionen

Die Auflagerreaktionen werden mit Hilfe der 3 Gleichgewichtsbedingungen berechnet. Am besten wird das durch Beispiele erläutert. Klicke auf die Beispiele, wenn du wissen willst, wie man die Auflagerreaktionen an statisch bestimmten Systemen ermittelt.

Beispiele zur Ermittlung der Auflagerreaktionen
Punktlast Einfeldträger unter einer Punktlast
Linienlast Einfeldträger unter Strecken-/ Linienlast
Gelenkträger Zerlegung eines Gelenkträgers
Kragarm Kragarm

Schnittgrößen

Bisher haben wir nur die am Tragwerk von außen angreifenden Kräfte und Belastungen betrachtet. Das System wirkt jedoch auch mit inneren Kräften und Momenten entgegen der Belastung. Kann das System zum Beispiel die vorhandene Belastung nicht aufnehmen kommt es zu großen Verformungen oder sogar zum Bruch.
Eine schwach gespannte Wäscheleine hängt z.B. nach unten durch, wenn diese belastet wird. Das kommt daher, dass dieses Seil keine inneren Schnittgrößen direkt entgegen der Erdanziehung aufbringen kann. Ein Holzbalken z.B. kann dies und biegt sich bzw. verformt sich deshalb nicht so stark.


Schnittgrößenbestimmung
belasteter EinfeldträgerDer links dargestellte Einfeldträger wird durch zwei Kräfte F1 und F2 belastet. Diese Kräfte erzeugen die Auflagerreaktionen AH, AV und BV. Nun schneiden wir in einem Abstand x vom linken Auflagerrand durch den Querschnitt (gedanklicher Schnitt s-s). Der Träger hat eine beliebige Länge L. Im Abstand a vom linken Auflagerrand greift die Kraft F1 an.
linkes Schnittufer für x<a
Betrachtet man nun den linken Trägerteil allein, mit den daran angreifenden Kräften (inkl. Auflagerkräfte), steht so das System nicht im Gleichgewicht.
an der Stelle S angreifende Schnittgrößen Für das Herstellen des Gleichgewichts benötigt es die Schnittgrößen. N (Normalkraft oder Längskraft), Q (Querkraft), M (Biegemoment).
Die Berechnung dieser Größen erfolgt über die Gleichgewichtsbedingungen im Punkt S.

Normalkraft

Die Normalkräfte wirken parallel zur Stabachse im Trägerteil. Diese sind auch als Zug- oder Druckkräfte bekannt. Normalkräfte die an unserem System ziehen haben ein positives- und welche daran drücken ein negatives Vorzeichen.

Ein kleiner Tipp zur Vorzeichenregelung bei Normalkräften:
Wenn mich jemand unter Druck setzt, dann finde ich das negativ. Wenn mich aber jemand einen Berg hinauf zieht, dann ist das positiv.

Die Normalkraft In unserem Beispiel haben wir nun die Normalkraft (positiv wirkend) angetragen. Aus der Summe der horizontalen Kräfte folgt somit:
AH+N=0
N=-AH

Aus dem Vorzeichen folgt, dass es sich hier um eine Druckkraft handelt, da dieses negativ ist.

Querkraft

Die Querkräfte wirken lotrecht zur Stabachse. Sie sind positiv, wenn sie am linken Teil des freigeschnittenen Trägers (linkes Schnittufer) von oben nach unten und am rechten Teil von unten nach oben gerichtet sind.

Die Querkraft an der Stelle x

für x<a gilt:

SH=0 (Summe der horizontalen Kräfte)
AV-Q=0
Q=AV
Die Querkraft ist hier positiv.

Die Querkraft an der Stelle x für x>a für x>a gilt:

AV-Q-F1=0
Q=AV-F1

Da AV kleiner als F1 sein muß ist hier die Querkraft negativ.

Das Moment

Die von außen an einem Träger angreifenden Kräfte werden über den Träger in die Auflager abgeleitet. Schneidet man nun durch ein System, so stellt man fest, dass dieses dadurch verdreht werden würde. Um nun hier wieder ein Gleichgewicht herstellen zu können wirkt als innere Größe das Biegemoment entgegen. Es wird bezogen auf den Schwerpunkt des entsprechenden Schnittes ermittelt.
Ein Biegemoment ist vom Betrag her positiv, wenn es an der Unterseite des Trägers Zug erzeugt (wenn sich der Träger nach unten durchbiegt).

Das Biegemoment an der Stelle x für x<a gilt:

SMA=0
M-AV*x=0
M=AV*x

Da die Wirkungslinie von AH durch den Punkt S geht, erzeugt diese Kraft kein Moment. Das Ergebnis ist nun eine Funktion von x (f(x)).
Das Moment an der Stelle x für x>a für x>a gilt:

SMA=0
M-AV*x+F1*(x-a)=0
M=-x(AV+F1)+ F1*a

Grafische Darstellung - Zustandslinien

Da die Verläufe, Sprünge, Knicke usw. aufweisen stellt man diese am Besten immer auch grafisch dar.
Die jeweiligen Linienzüge stellen die Funktionen N(x), Q(x) und M(x) dar. Sie werden auch als Zustandslinien bezeichnet.

Am System angreifende Kräfte

Alle Kräfte
AH=F2
AV=F1-(F1*a)/l
BV=(F1*a)/l

Der Normalkraftverlauf
  • horizontale Lasten > Normalkraft
  • Druck, deshalb negativ
  • konstant, da am Träger keine horizontalen Lasten angreifen
  • N(x)=F2

Der Querkraftverlauf
  • vertikale Lasten > Querkraft
  • der Sprung hat den Betrag der dort angreifenden Kraft
    links: AV
    rechts: BV
    in der Mitte: F1
Der Momentenverlauf

Mmax ermittelt man durch das Gleichgewicht im Abstand a vom linken Auflagerrand.
Mmax-AV*a=0
Mmax=AV*a
Mmax=[F1-(F1*a)/l]*a



Zusammenhänge

 

Zwischen der Belastung und den Schnittgrößen bestehen Beziehungen. So lässt sich aus dem Querkraftverlauf z.B. der Momentenverlauf ableiten. Für die gängigsten Lastarten lohnt es sich den Verlauf zu merken. So ist es möglich den Verlauf der Schnittgrößen schnell und mit geringstem Rechenaufwand zu ermitteln.

Auf der folgenden Seite sind die wichtigsten Beziehungen dargestellt.

 
keine Last
Q
M
  In Bereichen, ind denen keine Last angreift verläuft die Querkraft immer horizontal (konstant) und das Moment immer als geneigte Gerade. Greift eine einzelne Last bzw. Kraft an, so springt der Querkraftverlauf um deren Betrag. Im Momentenverlauf ist an dieser Stelle dann ein Knick. Linienlasten bewirken, dass sich der Querkraftverlauf direkt proportional ändert. Der Verlauf des Momentes ist eine quadratische Parabel.

Aus dem Diagramm lässt sich eine gewisse Beziehung zwischen der Querkraft und des Momentes erkennen.
Betrachten wir nun die Verläufe als Funktionen, so kann man feststellen, dass der Wert der Querkraft immer die Steigung des Momentes darstellt. Daraus lassen sich nun ganz einfach ein paar Beziehungen herleiten:

am Nulldurchgang der Querkraft befindet sich Mmax
ist Q(x) positiv so steigt der Momentenverlauf
ist Q(x) negativ so fällt der Momentenverlauf
gibt es einen Sprung im Querkraftverlauf, springt die Steigung des Momentanverlaufes (deshalb entsteht ein Knick)

Die Beziehung zwischen Belastung, Querkraft und Moment lassen sich auch mathematisch darstellen. Über die Differentialbeziehung der Biegelinie lässt sich diese herleiten.

Es besteht folgende Beziehung:

M(x)=Q'(x)=q''(x) q(x)=Belastung

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