Mängelbeseitigung nach Abnahme  -  richtiges Vorgehen?
BAU-Forum: Neubau

Mängelbeseitigung nach Abnahme  -  richtiges Vorgehen?

Bezug unseres Einfamilienhaus erfolgte in 11/2003. Im Abnahmeprotokoll hatten wir damals Punkte festgehalten, die seitens des Bauunternehmers noch erbracht werden mussten. Einige davon wurden auch ordnungsgemäß abgearbeitet. Mit der Fassade bzw. der Abdichtung haben wir jedoch noch so unsere Probleme. Bzgl. der Abdichtung/Fassade hatten wir im Protokoll festgehalten, dass für dieses Gewerk die Abnahme nur unter Vorbehalt erfolgt, bis der Bauunternehmer uns schriftlich bestätigt, dass Abdichtung nach DINAbk. und das WDVSAbk. nach Herstellerangaben (Maxit) ausgeführt wurde. Das haben wir bis heute nicht vorliegen. Die Schlussrechnung mit etwas über € 5.000,- hat der Bauunternehmer auch noch nicht gestellt. Allerdings bekommen wir auch noch Geld vom Bauunternehmer zurück (ca. € 2.500,- Gutschrift für Fliesen, die wir nachträglich aus BVAbk. (nach BGBAbk.) rausgenommen haben, im Gesamtpreis aber enthalten waren; haben wir schriftlich). Hier hieß es immer, das wird mit der Schlussrate verrechnet.
Ein Mangel waren u.a. die Fensterlaibungen, hier hat der Bauunternehmer bereits einmal nachgebessert, allerdings nicht zufriedenstellend (feine Diagonalrisse deuten auf fehlende Armierung an den Ecken hin, die Laibungen sind wellig und wurden vor dem Anmalen nicht glatt gespachtelt). An einer Ecke des Hauses (Porotonmauerwerk mit WDVS und 2 mm Putz) ist zudem ein feiner vertikaler Riss entstanden, an einer anderen Ecke direkt über Gelände ist die Fassade nach Regenfällen feucht. Die beiden letzten Punkte sind nach der Abnahme aufgetreten. Wir haben ein gutes Verhältnis zum BU, alles haben wir ihm bereits mehrfach telefonisch mitgeteilt, allerdings kommen wir mittlerweile mit telefonischen Absprachen nicht mehr weiter, d.h., wir können ihn nicht mehr erreichen. Wie sollten wir jetzt vorgehen? Sollte man sich bzgl. der Fassade einen Herstellervertreter kommen lassen, der den Aufbau der Fassade prüft? Oder einen Gutachter kommen lassen? Oder alles noch einmal schriftlich dem Bauunternehmer mitteilen mit Frist? (wobei wir dann ja noch nicht wissen, ob er es richtig ausführen wird). Da wir aber wohl nach der Abnahme in der Beweispflicht sind, müsste doch erst einmal jemanden einen Mangel feststellen? Und wie verhält es sich mit unserer Gutschrift? Kann er darauf bestehen, dass diese an die Schlussrechnung gekoppelt ist?
Hoffe, ich habe alles verständlich rübergebracht ... Danke für Eure Hilfe!
Helge
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  • Helge
  1. Re: Mängelbeseitigung nach Abnahme

    Foto von Ralf Wortmann

    Hallo Helge!
    Bevor ihr einen Sachverständigen einschaltet, solltet ihr euren Bauunternehmer eine Liste mit allen eurer Meinung nach bestehenden, präzise beschriebenen Mängel per Einschreiben übersenden und ihn mit einer angemessenen Frist (genaues Datum nennen) zur Mängelbeseitigung auffordern. Lasst SV-Kosten erst dann entstehen, wenn diese Frist ergebnislos verstrichen ist.
    Sonst könnte es Schwierigkeiten geben, die SV-Kosten später vom Bauunternehmer erstattet zu erhalten.
    Ralf
  2. wenn es so nicht mehr weiter geht

    kann es angezeigt sein, ein selbständiges Beweisverfahren einzuleiten. Dabei wird ein SV vom Gericht bestellt, der die gestellten Fragen, über die Beweis erhoben wird (und nur diese!) in einem Gutachten abarbeitet. Ein Privatgutachter ist ggf. sinnvoll, um den RA bei der Formulierung der zu stellenden Fragen zu unterstützen. Ob die Kosten eines Privatgutachtens erstattet werden, ist durchaus fraglich, die Kosten des Gutachtens in Beweisverfahren werden vom Antragsteller vorgestreckt und dann je nach Ausgang des Verfahrens verteilt.
  3. Erstattung von Kosten eines Gutachters

    Foto von Ralf Wortmann

    zu: Beitrag von Josef-Feldwisch Drentrup, 03.09.2005
    Die Erstattung der Kosten eines außergerichtlichen Gutachters ist nicht fraglich, sondern entspricht seit Jahrzehnten ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Wichtigste Voraussetzung: Der Gutachter muss tatsächlich auch Mängel feststellen, zu deren Beseitigung der Bauunternehmer verpflichtet ist.
    Bauherren, die Gutachterkosten zur Mängelfeststellung aufwenden, haben einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber ihrer Baufirma, vergleiche hierzu BGH, Urteil vom 22.10.1970, VII ZR 71/69, BGHZ 54,352, 358, BauR 71, S. 51-53; Urteil vom 16.10.1984, X ZR 86/83, BauR 1985, S. 83, BGHZ 92,308f sowie Urteil vom 13.09.2001, VII ZR 392/00, BauR 2002, S. 86,87.
    Das zuletzt zitierte Urteil des BGH (vom 13.09.2001) lautet auszugsweise wie folgt:

    BGH, Urteil vom 13. September 2001, VII ZR 392/00 (auszugsweise):
    I. Das Berufungsgericht hält die Beklagte lediglich für verpflichtet, 25 000,- DM als Kostenvorschuss wegen der festgestellten Mängel der Dacharbeiten zu zahlen. Die Kosten des Sachverständigen für die Begutachtung des Daches könne die Klägerin nicht verlangen. Denn die Klägerin habe den Sachverständigen nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung eingesetzt.
    Der Sachverständige sei unabhängig von der Frage, in welchem Umfang die Klägerin Kosten dieser Sanierung von der Beklagten ersetzt verlangen könne, eingesetzt worden. Er sei bereits beauftragt worden, bevor festgestanden habe, dass die Beklagte nicht in der Lage sein würde, die Mängel zu beheben.
    II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat hat den Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten zu Unrecht verneint.
    1. (...)
    2. Das Urteil hat keinen Bestand, soweit das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten versagt. Die Begründung des Berufungsgerichts trägt die Abweisung der Klage nicht.
    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Kosten für ein Gutachten über Ursache und Ausmaß der eingetretenen und vielleicht noch zu erwartenden Mängel Mangelfolgeschäden BGH, Urteil v. 22.10.1970  -  VII ZR 71/69 -, = BGHZ 54,352, 358. Sie sind nach § 13 Nr. 7 VOBAbk./B zu ersetzen. Dieser Schaden entsteht von vornherein neben dem Nachbesserungsanspruch, sodass eine Fristsetzung gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B keine Anspruchsvoraussetzung ist, vgl. BGH, Urteil v. 16.10.1984
    X ZR 86/83, = BGHZ 92,308, 310.

    Soweit das Zitat.
    Nach diesem Urteil wäre nicht einmal eine vorherige Fristsetzung zur Mängelbeseitigung erforderlich. Gleichwohl halte ich es für besser, vor SV-Bestellung eine solche Frist verstreichen zu lassen. Das hilft bei der Geltendmachung von Kosten in Prozessen bei den "unteren" Gerichten, denn es geht ja nicht sogleich zum BGH.
    Weitere Voraussetzung: Auf die Kostenhöhe achten und nicht unnötig hohe Kosten entstehen lassen. Der Bauherr hat eine Schadensminderungspflicht.
    Das selbständige Beweisverfahren vor Gericht hat durchaus Vorteile, dauert aber erfahrungsgemäß sehr lange. Eine Verfahrensdauer von 1 1/2 Jahren und mehr ist dabei eher die Regel, als die Ausnahme. Die Vor- und Nachteile (Vorteile, Nachteile) müssen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.
    Tipp für finanzschwache (weil baudarlehensbelastete) Bauherren: Für das gerichtliche selbständige Beweisverfahren bekommt man oftmals sogar Prozesskostenhilfe (PKH). Aber auch hier ist eine Abwägung und Beratung erforderlich, denn die PKH umfasst nicht die Anwaltskosten der Gegenseite und muss u.U. nach 4 Jahren zurückgezahlt werden.
    MfG
    Ralf Wortmann


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