Holzbalkendecke: Schwund bei Sicht-Schalungsbrettern
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Holzbalkendecke: Schwund bei Sicht-Schalungsbrettern

Liebe Experten,
bei unserem Einfamilienhaus-Neubau mit Holzbalkendecke, darauf befestigter Sichtschalung (sog. Fasenbretter aus Fichte), und darauf weiterem Fußbodenaufbau entsprechend den Empfehlungen von Pavatex/ Gutex haben sich im Laufe der ersten Heizperiode unterschiedlich breite Fugen zwischen den einzelnen Brettern gebildet, sodass das "Sichtbild" (von unten gesehen) nunmehr teilweise "unschön"
ist. Sollte der Schwund der (nach DINAbk. "kammergetrockneten" und nach Aussagen des Zimmermanns "fach- und normgerecht behandelten und verlegten" Bretter noch weitergehen, so fürchten wir, an einigen Stellen auf den Rieselschutz "durchsehen" zu können.
Die Firma (Meisterbetrieb) behauptet (natürlich!), dass eine solche "Nachtrocknung mit Schwund" keinen Mangel darstelle, sondern "die Vergrößerung der Fugen ein normales Verhalten des Materials in Verbindung mit der Beheizung" sei. Verwunderlich ist nur, dass das gleiche Holz an unterschiedlichen Stellen im selben Raum (Fußbodenheizung, also recht gleichmäßige Temperaturverteilung, auch kein Ofen oder anderer "hot spot"!) so "geschwunden" sein soll, dass sich ganz unterschiedliche Fugenbreiten ergeben haben.
Uns ist aus eigenen Erfahrungen bekannt, dass es immer schwieriger wird, gut abgelagertes oder getrocknetes Holz zu bekommen, und wir wohl der Firma auch nicht gerne einen Tort antun, weil sie ansonsten (Dachstuhl und Balkenwerk allgemein)
solide Arbeit abgeliefert hat, jedenfalls soweit bisher beurteilbar, aber bei den Preisen unserer Miesterbetriebe (für Arbeit und Material!) möchten wir uns so einfach auch nicht abspeisen lassen.
Also bitte, wer kann Auskunft geben, ob das tatsächlich "normal" ist und hingenommen werden muss, oder ob (und ab welchem Grad) es einen Mangel darstellt, den man ggfs. juristisch einfordern kann. Sehr wertvoll wären auch Erfahrungen, ob die "Schrumpfung" im zweiten und dritten Jahr nach Bezug eventuell sogar noch weiter geht.
Herzlichen Dank für jede Meinungsäußerung
  • Name:
  • Ferenczy
  1. Ein schwieriges Feld ...

    Foto von Martin Malangeri

    Ein schwieriges Feld ist das mit den Dielenböden.
    Erstmal grundsätzlich: unterschiedliche Fugenbreiten sind normal beim Trocknen. Die Hölzer sind unterschiedlich geschnitten (stehende und liegende jahresringe) unterschiedlich in ihrer Rohdichte (enge und breite Jahresringe, Kernholz und Splintholz), unterschiedlich Trocken (ein paar Masseprozent machen da schon was aus) und unterschiedlich befestigt. Es ist halt ein natürlicher Baustoff.
    Es braucht etwa ein bis zwei Heizperioden, bis sich das verbaute Holz auf seine Umgebungsparameter eingestellt hat. Ergo ist wahrscheinlich ein Endstand jetzt erreicht.
    Kammergetrocknet heißt bei den Zimmerleuten im Normalfall einen Holzfeuchtegehalt von 15+-3 %. Für Bauholz ausreichend trocken. Für Schreineware im Sichtbereich jedoch nicht, weil sich hinterher durchschnittliche Werte von 6-8 % einstellen.
    Die Holzfeuchte wird durch die Luftfeuchte und und die Temperatur beeinflusst. Haben Sie also ein sehr trockenes Raumklima von beispielsweise 30-45 % Luftfeuchte bei Temperaturen um 20 °C landet die Holzfeuchte etwa in diesem Bereich.
    Manche Parkettleger geben in ihren Pflegehinweisen extra an, das durchschnittliche Luftfeuchten von 50-60 % bei 18-20 °C einzuhalten sind, damit das Holz nicht übermäßig schwindet oder quillt. Bei diesem Raumklima sind etwa 10-12 % Holzfeuchte zu erwarten.
    Nehmen wir also mal ein Fichtebrett mit einer Breite von 200 mm.
    Fichte hat ein differentielles radiales Quell-Schwindmaß von 0,19 und eindifferentielles tangentiales Quell-Schwindmaß von 0,36. Das mittlere Q/S-Maß beträgt somit 0,275. Der angenommene Unterschied in der Holzfeuchte legen wir mit 6 % fest für unser Beispiel: 0,275 x 6 % = 1,65 %. Ergibt für das 200 mm-Fichtebrett folgendes: 200 mm x 1,65 % = 3,3 mm.
    Soll heißen das Beispiel-Brett ist bei 60 % Luftfeuchte 3,3 mm breiter als bei 35 % Luftfeuchte.
    Fazit: ein schwieriges Feld weil wir von Durchschnittswerten aus- und sehr grob rangegangen sind.
    Es kommt also zum einen darauf an in welchem Raumklima wir uns momentan bewegen und welches Raumklima vorhanden war als die Ware eingebaut wurde und zum anderen welche Vorgaben ihr Zimmerer in seinen Liefer- und Vertragsbedingungen stehen hatte. Keine Vorgaben bezüglich besonders niedriger Holzfeuchte ergibt keinen Anspruch für Sie. War zum Einbau der Dielen die Hölle los mit Malern, Putzern, Estrichlegern wird eine besonders hohe Luftfeuchte anzunehmen gewesen sein. Hat der Zimmerer darauf hingewiesen oder nicht?
    Fugenbreiten über 5 mm werden beim Parkettleger schnell zum Mangel, aber hat Ihr Zimmermann für seine Sichtschalung einen dementsprechenden Hinweis in seinen Vertragsunterlagen?
    War die Sichtschalung immer als Sichtschalung gedacht oder gab es Planungsänderungen?
    Die Faktoren die hier eine Rolle spielen sind vielfältig und -schichtig. Ein rechtlicher Anspruch ist sehr schwer durchzusetzen und muss unter Umständen sachverständig und rechtlich sowieso belegt werden.
    Grüße aus Leipzig von
    Martin Malangeri
  2. Ergänzende Angaben und Fragen

    Herzlichen Dank, sehr geehrter Herr Malangeri, für die äußerst fundierte und differenzierte Stellungnahme! Ich sehe das ja im Grunde genauso wie Sie, und habe, da das Haus nun endlich fertig und insgesamt auch gelungen ist (was heute ja nicht mehr selbstverständlich ist!) auch eigentlich keinerlei Lust zum Streiten mehr. Aber ärgerlich ist es schon, wenn der Zimmermann z.B. von "möglicherweise zu geringer Luftfeuchte in der Heizperiode" spricht, also den Schwarzen Peter an und zurückzugeben versucht: Wir haben so "altmodisch" und "biologisch" zu bauen versucht, als das heute sinnvollerweise gerade noch möglich (und bezahlbar) ist, es ist also ein Ziegelbau, eben mit Holzbalkendecke und auch Sichtdachstuhl mit Außendämmung, und wegen des "echten" Mauerwerks mit Kalkputz hatten wir im Winter innen nie Luftfeuchten unter 50 %, meist sogar so um die 65 bis 70 % (gemessen mit zwei verschiedenen Hygrometern), weil das Haus eben noch nicht vollständig ausgetrocknet ist.
    Nach der Verlegung der Dielen waren noch keine Spalten da (sonst hätte ich natürlich gleich reklamiert!), die Verlegung fand im Frühjahr 2004 statt, es war damals dort (Pfalz) sehr trockenes Klima. Estrich- und Verputzungsarbeiten begannen ca. 4 bzw. 8 Wochen später. Mit der Planung und auch Bauaufsicht war ein Baumeister und Statiker beauftragt, der auch die Gewerke ausschrieb und die Vertragsentwürfe ("nach VOBAbk., neueste Fassung") machte. Solche Details, wie Sie sie beschreiben, sind darin natürlich nicht geregelt, ich habe als Bauherr daran natürlich auch nicht gedacht (inzwischen bin ich, auch Aufgrund von Erfahrungen mit zwei weiteren Gewerken, natürlich schlauer, aber ein weiteres Haus baue ich in diesem Leben wahrscheinlich nicht mehr! .
    Zum Schluss: Ich habe einen anderen Neubau (von anderen Firmen
    ausgeführt) mit gleicher Decken-Art wie unseren angesehen, der schon die zweite Heizperiode hinter sich hat: Keinerlei Spalten und Ritze! Es geht also offenbar doch ... Unterschiede zu unserem Haus: a) kein "Massivhaus", sondern Ständerbauweise (vielleicht ist ja bei denen das ganze Haus inzwischen geschrumpft ;-) und b) es wurden deutlich schmälere Sichtbretter verwendet (ca. 12 cm Deckbreite statt ca. 18 cm bei uns!).
    Nochmals Vielen Dank
    • Name:
    • ferenczy
  3. ach ja, die Fragen ...!

    Verzeihung, habe zu schnell abgeschlossen und die Fragen, die ich eigentlich noch hatte, vergessen! Also:
    1. Wenn ein solches Verhalten des Baustoffs Holz denn schon als "höhere Gewalt" hinzunehmen ist, hätte dann nicht der (vor mir extra bezahlte!) Baumeister und Bauleiter sowie auch der Zimmerer (Meisterbetrieb, nicht 1-EURO-Firma aus Rumänien!) auf die möglichen Probleme hinweisen müssen und entsprechenden Rat geben müssen , z.B. schmalere Bretter, oder speziell nachgetrocknetes Holz nehmen usw.  -  auf ein paar € pro m² wäre es uns bei deeeen Preisen heute auch nicht mehr angekommen!?
    2. Wenn die Sache noch schlimmer wird, was kann man denn überhaupt technisch noch tun, außer natürlich, zwischen die Balken, oder überhaupt unter das ganze, eine weitere Schicht aus Paneelen montieren (wäre ein Wahnsinn, denn die Schalung war von Anfang an als Sichtschalung geplant, und Bretter und auch Balken sind von besonders hoher Oberflächengüte, und waren auch entsprechend teuer; nicht einfach "Bauholz"!)
    Herzlichen Dank
    • Name:
    • ferenczy
  4. Ein wirklich guter Zimmerer ...

    Foto von Martin Malangeri

    hätte was gesagt und ggfs. Bedenken angemeldet. Aber da gehört auch schon eine Menge Erfahrung zu, die Hintergründe sind wie beschrieben ziemlich vielschichtig.
    Die Federn sind im Normalfall um die 9-11 mm breit.
    Wenn es meins wäre, würde ich mir eher überlegen Leisten in die schlimmsten Fugen einzuleimen und bündigmit der Oberfläche abzuhobeln.
    Bei der Dielenverlegung war das übrigens zu alten Zeiten nicht unüblich: Die Dielen wurden verlegt, stumpf aneinander gestoßen aufgenagelt. Die Wohnung wurde mit einer Billigmiete trockengewohnt und nach 1-2 Jahren wurden die Fugen ausgeleistet.
    Grüße aus Leipzig
    Martin Malangeri
  5. Fazit des Fragestellers

    Verehrter Herr Malangeri, verehrte (eventuell) Mitlesende:
    Ich verstehe das alles so, dass ich außer den Zimmermann (und auch den Bauleiter) zu schimpfen  -  was ich weidlich tun werde!  -  nichts machen kann. Es scheint also leider so zu sein, dass man als "Zahler" immer der Blöde ist, und sich die "Profis" heute fast alles erlauben können!
    Es ist schon kein Zufall, dass die Baumärkte boomen und der IKEA-Gründer der reichste Mann Europas ist, denn was unsere Fach-Werker und "seriösen mittelständischen Betriebe, auf deren Schultern unsere Volkswirtschaft (angeblich) ruht" so abliefern, ist teilweise ein Skandal. An unserem Bau z.B. schwer gehende Armaturen mit Keramik (!) -Dichtungen, wackelnde Clobrillen, die man aber selber nicht nachziehen kann, im ganzen Haus zu hörende Heizungspumpe, flackernde Elektronikdimmer usw. Aber alles von 1a-Herstellern und (zumindest) in angeblich solider Deutscher Standard-Qualität mit entsprechenden Preisen! Ich habe einiges reklamiert und nach langem hin und her auch ersetzt bekommen, aber auf Dauer ist das zu stressig, und ich habe deswegen damit begonnen, einige Sachen auf eigene Kosten gegen IKEA und Co austutuschen  -  mit bestem Erfolg! Die "Edelware" wird an noch unerfahrene Bekannte verschenkt oder kommt in meine privates Flop-Museum im Keller.
    Nochmal: herzlichen Dank, auch für den Ausleim-Tipp (die Federbreite beruhigt mich!) ,
    und schöne Grüße nach "Lääptzsch"!
    Ihr
    • Name:
    • ferenczy

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