Welche EnEV hätte eingehalten werden müssen?
BAU-Forum: Energieeinsparverordnung EnEV

Welche EnEV hätte eingehalten werden müssen?

Hallo liebe Bau-Fachleute,

leider haben wir bis heute mit unserem Hausbau, der in 2006 fertiggestellt wurde, sehr viele Probleme und stehen noch immer vor Gericht. Unser Rohbau hatte so viele Probleme, dass er einmal zurückgebaut werden musste. Zumindest das Mauerwerk (Poroton) zeigte sich danach in einem viel besseren Zustand.

Wir wenden uns an dieses Forum hier, weil wir  -  nicht erst seit heute  -  glauben, dass unser Haus hinsichtlich Wärmedämmung nicht ordentlich geplant bzw. der Bau ausgeführt wurde.

Dazu einige Fragen:

Planung des Hauses inkl. Bauantrag erfolgte in 2004 zu Zeiten der EnEVAbk. 2002. Mit Baubeginn in 2005 stellte man fest (es gibt leider kein Bodengrundgutachten, auch wurden wir als Bauherren nicht auf die Notwendigkeit hingewiesen), dass wir unser Haus nicht wie geplant an das bereits bestehende Nachbachhaus heranbauen kann. Grundwasser bzw. die unterschiedlichen Gründungshöhen der Keller waren die Probleme. Unser von uns beauftragte Architekt plante also die unterirdische Verschiebung des Kellers. Ein Teil des Hause (ca. 3 m) ist also nicht unterkellert und ein Teil des Kellers nicht überbaut.

Für diese Änderung gab es auch einen erneuten Bauantrag bzw. einen Nachtrag zum Bauantrag. Unsere Frage: Hätten wir von dem Statiker einen neuen Wärmeschutznachweis erhalten müssen? Und hätte dieser Wärmeschutznachweis nach EnEV 2002 oder dann zur jetzt gültigen EnEV 2004 erstellt werden müssen?

Wir kommen darauf, weil der nicht unterkellerte Bereich am Boden spürbar kälter ist, als der unterkellerte Bereich? Wir haben keine Fußbodenheizung!

Hätte der nicht unterkellerte Bereich von unten gedämmt werden müssen? Ist, aus unserer Erinnerung heraus, nicht geschehen. Wie wird so etwas überhaupt gemacht? Dämmung legen und dann den Flüssigbeton für die Bodenplatte (also Boden EGAbk.) drauf?

Weiter fällt uns nach und nach auf, dass es auf fast allen Steckdosen ebenfalls spürbar zieht. Wir haben mit einen Hochlochziegel von Wienerberger gebaut. Hätte der Architekt in seinen Ausschreibungen die luftdichte Installation der Dosen planen müssen? Aus seinen Unterlagen geht hieraus nichts hervor! Oder hätte der Elektriker sein Gewerk besser ausführen müssen? Was sagt die EnEV 2002 bzw. EnEV 2004 dazu?

Da wir ja bereits vor Gericht sind (wenn die mal Zeit haben), haben wir natürlich auch einen Rechtsanwalt. Wir wollen aber nicht blind einen weiteren Punkt aufmachen, den wir dann womöglich auch noch verlieren, sondern Tipps bekommen, wie wir uns verhalten können? Wie können wir nachweisen, dass hier Planungs- und/oder Ausführungsfehler (Planungsfehler, Ausführungsfehler) vorliegen? Sollen wir ein selbständiges Beweisverfahren beantragen? Selber tätig werden? Was kostet so etwas?

Auf Nachfrage nach dem geänderten Wärmeschutznachweis (nach der Umplanung des Kellers), teilte uns der Statiker mit, dass er keine Unterlagen mehr von uns hat. Das alleine ist schon sehr merkwürdig, hatte er doch alles in elektronischer Form gespeichert. Dazu kommt, dass er als Streitverkündeter (wir haben den Architekten verklagt, dieser hat den Statiker mit ins Spiel gebracht) ebenfalls in diesem Fall beteiligt ist. Er wird also noch alle Unterlagen haben!

Freuen uns auf Antworten. Falls Informationen fehlen, sagt bitte kurz Bescheid.

Danke und viele Grüße,

  • Name:
  • Fredi
  1. Ordnung machen ...

    Sie haben schon Klage eingereicht? Dann wird ein selbständiges Beweisverfahren nach § 485 ZPO sowieso nichts mehr, sondern sioe müssen dann im Hauptsacheverfahren Beweisanträge stellen, wonach der gerichtlich beauftragte Sachverständige dann suchen und feststellen soll. Wenn SIE Beweis erheben lassen, zahlen Sie den Auslagenvorschuss, der je nach Umfang des beweisbeschlusses sehr unterschiedlich hoch ausfällt. Letztlich werden die SV-Kosten aber zu Gerichtskosten und je nach Obliegen-Obsiegen gequotelt.

    Sie sagen, der Statiker hätte angeblicch keine Unterlagen mehr?! Aber SIE selbst haben die komplette geprüfte Statik? Wenn nicht, gehen Sie ins Bauamt und lassen SIE sich sofort eine Kopie ziehen, ehe sie irgendwann verschwindet!

    Sie haben 2 wichtige Punkte vor Gericht zu klären: Frage 1. a) Erfüllt der eingereichte EnEVAbk.-Nachweis die Anforderungen der EnEV 2002 sowie nach Umplanung des Objektes der EnEV 2004? Frage 1. b) Gibt es insbesondere bzgl. der Bodenplatte Anzeichen dafür, dass der Mindestwärmeschutz nicht eingehalten worden ist. Frage 2) Ist die nach EnEV und DINAbk. 4108-7 geforderte Luftdichtheit des Gebäudes allgemein eingehalten worden? Ergeben sich darüber hinaus unzulässige Zugerscheinungen in folgenden Steckdosen ...?

    Das sollte ein Sachverständiger Klären

  2. Wann gilt noch die alte EnEV, ab wann gilt eine neue?

    Foto von Ralf Wortmann

    Hallo!

    Die EnEVAbk. 2004 ist seit dem 08.12.2004 in kraft.

    Zitat aus Ihrem Anfangsbeitrag:

    "Für diese Änderung gab es auch einen erneuten Bauantrag bzw. einen Nachtrag zum Bauantrag. "

    Genau auf dieses "bzw. " kommt es an. Wenn ein ganz neuer Bauantrag eingereicht wurde, wäre die EnEV einzuhalten, die im Zeitpunkt des Eingangs des neuen Antrags bei Bauordnungsamt galt.

    Das ergibt sich aus § 19 EnEV 2004: "Diese Verordnung ist nicht anzuwenden auf die Errichtung und die Änderung von Gebäuden, wenn für das Vorhaben vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung der Bauantrag gestellt oder die Bauanzeige erstattet ist. "

    Alle anderen EnEVs haben die selbe Übergangsvorschrift.

    Bei nicht allzu umfangreichen Projektänderungen ist es üblich, dass nur ein Nachtrag zur ursprünglichen Baugenehmigung eingereicht wird. Wenn das der Fall gewesen sein sollte (das erfahren Sie ggf. beim Bauordnungsamt) und der ursprüngliche Bauantrag vor dem 08.12.2004 eingereicht wurde, gilt für Ihr Haus die EnEV 2002.

    Was den Sachverhalt angeht, dass es bei Ihnen aus fast allen Steckdosen zieht, gelten für die Lichtdichtigkeit der Gebäudehülle nach § 5 EnEV i.V.m. Anlage 4 dieselben Vorschriften bei der EnEV 2002, wie bei der EnEV 2004. Falls Sie keine so genannte raumlufttechnische Anlage haben (Lüftungsanlage), darf die Luftwechselrate beim Blower Door-Test max. 3,0 betragen. Wenn Sie Gewissheit haben wollen, lassen Sie einen Blower Door-Test machen. Der ist (je nach Region) für Beträge ab 250  -  350 € zu haben.

    Ob Ihr Architekt indes dafür verantwortlich gemacht werden könnte, wenn die Luftwechselrate nicht eingehalten worden sein sollte, hängt von den Umständen ab.

    Viele Grüße

    Ralf Wortmann, Magdeburg Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht (Baurecht, Architektenrecht)

  3. Danke für Ihre Antworten!

    Super vielen Dank für die beiden Antworten.

    Mit dem Beweisverfahren war natürlich Unsinn von mir, da haben Sie Recht, Herr Tilgner. Die eigentliche Statik, auch die mit der Umplanung, haben wir. Was heißt denn geprüft? Ich habe mit unserem Bauamt gesprochen, die prüfen die gar nicht, sondern wollen nur sicherstellen, dass eine Statik vorliegt. Finde ich persönlich zwar traurig, scheint aber so zu sein.

    Was uns fehlt, ist der Wärmeschutznachweis nach der Umplanung! Und ich denke, es hat sich ja schon etwas Größeres geändert: Ein Teil des Hauses ist nun nicht mehr unterkellert und ein Teil des Kellers ist nun nicht mehr überbaut. Ich kann leider nicht abschätzen, was das für den Wärmeschutznachweis bedeutet, aber ich möchte es gerne wissen.

    Ihre beiden Punkte für den Beweisantrag sind soweit klar, allerdings möchten wir nur ungerne ein Fiasko erleben und einen Punkt aufmachen, der nicht zutrifft bzw. der gar nicht unser Hauptsacheverfahren betrifft. Wir klagen hier gegen den Planer, Architekten und Objektüberwacher (alles in einer Person). Wenn sich jetzt aber herausstellt, dass die Planung vielleicht okay war, aber die Ausführung schlecht ist, wissen wir zwar mehr, aber es bringt uns in dem Verfahren nicht viel. Ich hoffe, Sie verstehen was ich meine?!?

    Daher meine beiden Fragen:

    Muss eine solche Bodenplatte, dort wo nicht unterkellert, besonders isoliert sein? Ist es normal, dass die Bodentemperatur spürbar unterschiedlich ist? Wahrscheinlich fehlen Ihnen dafür weitere Informationen, wenn ich etwas liefern kann, sagen Sie mir bitte Bescheid.

    Muss in der Planung angegeben werden, dass die z.B. Steckdosen nach EnEVAbk. 2002, also luftdicht, installiert werden müssen? Die Ausschreibungen hat ebenfalls der Architekt erstellt, aber von EnEV bzw. Luftdichtheit ist dort nichts zu lesen.

    Jetzt natürlich die für uns entscheidende Frage: Wie können wir, ohne direkt ein Gutachten zu bestellen, prüfen (lassen), ob Planung okay ist und der Wärmeschutznachweis, der ja von der Planung ausgeht, den Anforderungen der EnEV gerecht wird.

    Hallo Herr Wortmann, danke auch an Sie für Ihre hilfreiche Antwort. Bei uns handelt es sich um einen Nachtrag.

    Über den nachträglichen Blower-Door-Test denken wir nach. Wir werden uns ein Unternehmen raussuchen und uns beraten lassen. Wenn Sie Empfehlungen für den Bereich Leverkusen/Düsseldorf aussprechen können, würden wir uns freuen.

    Genau die Umstände, die Sie auch ansprechen, möchten wir gerne im Vorfeld ausloten. Wir möchten unser Verfahren ungern um ein Thema erweitern, bei welchem wir dann, aus welchen Gründen auch immer, kein Recht zugesprochen bekommen, z.B. weil es ein Ausführungsfehler ist, der dem Architekten nicht angelastet werden kann. Unser bisheriger Eindruck ist, dass das auch Einfluss auf alle übrigen Themen hätte.

    Welche Umstände meinen Sie denn?

    Vielen Dank!

    F. Gehlmann

  4. Muss eine solche Bodenplatte, dort wo nicht unterkellert, besonders isoliert sein?

    "Isoliert" werden Kabel! Feuchtebeanspruchte Teile werden "abgedichtet" und Sie meinen sicher "gedämmt"! Ja, Bodenplatten müssen auch "irgendwie" gedämmt werden. Mindestanforderung ist laut DINAbk. 4108-2 : 2003-07 Tabelle 3 ein Mindestwert des Wärmedurchlasswiderstandes R von 0,90 m² K/W. Diesen Mindestwert muss das Bauteil einhalten und darüber hinaus muss in der Gesamtbilanz des Hauses auch nach der Umplanung die EnEVAbk. eingehalten werden. Beide Nachweise schuldet der Planer Ihnen bzw. dem Bauamt. Liegen diese Nachweise nicht im Bauamt vor?
  5. Es gibt keinen Unterschied bezüglich der Anforderungen zw. EnEV 2002 und EnEV 2004

    zwischen EnEVAbk. 2002 und 2004 gab es keine Verschärfung der Anforderungen bezüglich spezifischen Transmissionswärmeverlust und bezüglich Jahres-Primärenergiebedarf. In der EnEV 2004 wurden lediglich einige Anpassungen (z.B. an aktualisierte Normungen) vorgenommen und ein paar andere Kleinigkeiten geändert.

    An Steckdosen gibt es bezüglich der Luftdichtheit keine eigenen Anforderungen. Es gelten nur die allgemeinen Luftdichtheitsanforderungen. 100 %ige Luftdichtheit wird niemals erreicht werden können. Dies ist aber auch nicht gefordert. Deswegen wird die Grenze für Gebäude ohne Lüftungsanlage bei n50=3,0 und mit Lüftungsanlage bei n50=1,5 festgesetzt. Selbst bei Passivhäusern gibt es keine Absolute Luftdichtheit, hier wird in der Regel eine Grenze von n50=0,6 zugrunde gelegt.

    Wenn es Leckagen geben sollte, muss man meines Erachtens natürlich hinterfragen, ob es hierdurch Schäden geben kann (hängt letztlich auch von der betroffenen Konstruktion ab) und ob es Einschränkungen bezüglich der Behaglichkeit (in "wohnüblichem Abstand") geben kann.

  6. Architektenhaftung bei Mängeln an der luftdichten Gebäudehülle

    Foto von Ralf Wortmann

    Es kommt bei der Frage der Architektenhaftung darauf an, welche Ursachen zu den etwaigen Luftundichtigkeiten in der Gebäudehülle führten. Wenn es aus den Steckdosen zieht, dann liegt das oft daran (habe ich mir sagen lassen), dass irgendwo an Stellen, wo es eigentlich nicht sein sollte, Außenluft ins Mauerwerk eindringen kann.

    Wenn z.B. bei Porotonziegeln die komplette Abdichtung oben auf den Mauerwerkskronen fehlt (z.B. in Form eines Mörtelschlags), dürfte der bauüberwachende Architekt dafür gesamtschuldnerisch mit der bauausführenden Firma (mit) verantwortlich sein, denn dies hätte er bei ordnungsgemäßer Bauüberwachung erkennen können und verhindern müssen.

    Wenn aber z.B. eine Vielzahl kleinerer Fehlstellen an den Fenstern und kleine Löcher in den Dampfsperren für die Undichtigkeit ursächlich sind, muss man differenzieren:

    Wenn ein erkennbar fachlich nicht sehr versierte Firma die Arbeiten ausführt, muss der Architekt diese Firma anleiten, ggf. Ausführungsdetails vorgeben und diese Firma genauer überwachen. Tut er dies nicht, haftet er.

    Bei einer Fachfirma muss er dies i.d.R. nicht, er darf darauf vertrauen, dass diese weiß, was zu tun ist und das ohne besondere Anleitung auch fachgerecht ausführt. Dann haftet der Architekt i.d.R. nicht, sofern er wenigstens mal hin und wieder stichprobenartige Kontrollen vorgenommen hat. Etwas anderes würde bei dem letztgenannten Fall nur dann gelten, wenn der Architekt seinen Bauüberwachungspflichten überhaupt nicht nachgekommen ist, wenn er sich also gar nicht auf der Baustelle blicken ließ.

    Das sind aber eigentlich alles Fragen, die ihnen ihr eigener Rechtsanwalt beantworten können müsste.

    Ralf Wortmann, Magdeburg Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht (Baurecht, Architektenrecht)

  7. Mauerwerk ist nie luftdicht  -  sagt zumindest die Norm (4108-7)

    naja, bei Mauerwerk kann man generell nicht davon ausgehen, dass dieses luftdicht ist. Die DINAbk. 4108 Teil 7 sagt auch, dass Luftdichtheit im Mauerwerksbau erst durch die Putzschicht hergestellt wird.

    ist nun eine Steckdose im Mauerwerk, handelt es sich ja in der Regel quasi um eine "planmäßige" geringfügige Undichtheit über die Fugen zwischen Unterputzdose und Kabel.

    Bei Ziegelmauerwerk gibt es eher geringfügige Leckageluftströmungen als z.B. bei Porenbeton-Mauerwerk. Insbesondere dann, wenn die Steckdose genau dort ist, wo sich eine Stoßfuge im Mauerwerk befindet. Und bei WDVSAbk. wiederum häufiger als bei monolithischem Mauerwerk, sofern dieses zur Messung schon von außen verputzt ist. Weil hinter dem WDVS kann es bei Messunterdruck zu Luftströmungen kommen, die es bei vollflächiger äußerer Putzschicht so nicht gibt. Damit wird unter Messbedingungen Luftverbund bis zu Fensterleibungen, -Brüstungen, -Rollokästen und allen anderen Anschlüssen, bis hin zu Traufe und Ortgang, erreicht. Ist so.

    Aber ist das dann wirklich ein Mangel?


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