Oberflächen von Naturstein
BAU-Forum: Bauwissen von Herbert Fahrenkrog

Oberflächen von Naturstein

Foto von Herbert Fahrenkrog

Oberflächen von Naturstein gestern, heute morgen

Vorwort

Neben Holz ist Naturstein der älteste Baustoff der Menschheitsgeschichte. Die Natursteinhöhlen waren auch der erste Wohnort für sesshafte Neandertaler und deren Nachfolger, wie uns eindrucksvolle Höhlenbilder beweisen. Die Hochkulturen im Nahen Osten geben heute noch Auskunft über die Kunst Steine zu verarbeiten und sie als Raumgegenstand zu nutzen. Das hat sich bis heute fortgeführt. Dem Boden wurde im Altertum etwas weniger Beachtung geschenkt, als die Wände. Man kann heute noch die wundervollen Malereien in Pompeji betrachten.

Bodenbeläge und Ihre Optik hängen nicht nur vom Material und der Form ab, sondern vor allen Dingen von der Oberflächenbearbeitung. In modernen Bürogebäuden ist neben dem Erscheinungsbild auch die Wirtschaftlichkeit gefragt. Das hängt direkt mit der Reinigungsfähigkeit und natürlich der entsprechenden verlangten Rutschsicherheit zusammen.

Traditionelle Bearbeitungen

Die groben Bearbeitungstechniken, wie gespitzt, scharriert oder gekrönelt spielen in Innenbereichen nur in seltenen Ausnahmefällen eine Anwendung, z.B. bei der Wiederherstellung von denkmalgeschützten Gebäuden. Dort waren es eher die "armen" Besitzer, die sich die teuren geschliffenen Böden nicht leisten konnten.

Schleifen war früher eine richtige Knochenarbeit, die ohne Maschinen durchgeführt wurde.

Mit Schleifsteinen, verschiedenen Sanden und Ärmelschmalz wurde der Belag feingeschliffen und durch die Verwendung von "klassischen Seifen" und Bienenwachs auf Hochglanz gebracht.

Maschinelle Bearbeitungen

Die industrielle Revolution brachte und bringt bis heute neue Oberflächen. Wir möchten in diesem Artikel mal die einzelnen Oberflächen vorstellen und kritisch betrachten.

1) Geschliffene Oberflächen

Die Bearbeitung mit Schleifmitteln gehört, wie Eingangs bereits erwähnt, zu den ältesten Bearbeitungen. Heute sind aber moderne Maschinen und Schleifmittel an der Tagesordnung. Es gibt aber leider keine Norm oder einfache Möglichkeit der Prüfung der Oberflächenrauigkeit. Was sich z.B. hinter der Bezeichnung "C120" versteckt ist fast allen Architekten und Endkunden nicht bekannt.

Das "C" steht für Carborundum = Siliciumcarbid. Die Zahlen sind historisch zu betrachten. Der Erfinder, ein Herr Acheson, war ein Amerikaner und hat eine Sieblinie für seine Silikate definiert, natürlich mit amerikanischen System. Deshalb bedeuten die Zahlen "Anzahl der Siebmaschen pro quadratzoll". Damit wird die "Korngröße sortiert, mehr nicht. Man kann also anhand der Zahlen keine reproduzierbare Oberfläche erwarten.

Die Unterschiede innerhalb eines Schliffs, z.B. "C 120" liegen neben der Sieblinie des Herstellers auch in der Art der Bearbeitung. Es ist ein Unterschied, ob trocken oder nass, auf einer Unmaßtafelstraße oder Fliesenstraße, werkseitig oder "vor Ort" geschliffen wird. Dazu kommen noch die Eigenschaften des Schleifmaterials hinzu, wie z.B. Bindemittel oder Kornschärfe. Nicht zu vergessen ist, das der Naturstein auch seine Eigenheiten aufweist. Die so entstandene Mikrorauigkeit ist natürlich genauso vielseitig, wie die Verfahren. Auch die Rutschsicherheit ist abhängig von der gesamten Bearbeitungsstruktur. Bei gleicher Schleiflinie ist z.B. hat bei der Magna ein Nero Impala C120 keine "R9", eine Basaltlava aus der Eifel, kann sogar "R11" erreichen.

Eine Problematik bleibt aber immer bei geschliffenen Oberflächen. Die sichtbaren Schleifspuren im Streiflicht.

Viele Kunden "erkennen" erst nach der Verlegung, das geschliffen tatsächlich mit schleifen zusammenhängt und meinen dann, sie hätten einen schönen kostenreduzierenden Mangel gefunden. Auch Glanzunterschiede durch die natürliche Inhomogenität der Bestandteile werden gerne als "Verbilliger" herangezogen. Das gilt nicht nur für "Hartgesteine", sondern für alle Naturwerksteine. Um dem Abzuhelfen ist es sinnvoll dem Kunden im Beratunsgespräch / Angebot bereits folgendes mitzuteilen:

"Geschliffene Oberflächen zeigen immer Schleifspuren im Gegenlicht. Je nach Mineralgehalt und -Verteilung sind auch deutliche Glanzunterschiede, innerhalb einer Lieferung unvermeidbar"

Aber geschliffen hat auch Vorteile, z.B. die Möglichkeit die Oberfläche bei Bedarf neu zu schleifen, sei es durch die Unterschiedliche Abnutzung (schleichende Verglättung) oder um Verlegefehler (Überzähne) auszugleichen.

2) polierte Oberflächen

Die attraktivste Seite eines Natursteins ist natürlich die polierte Oberfläche, aber auch hier gibt es zu erklärende Unterschiede zwischen einer "Politur" und "Poliert"

Im Normalfall (bei korrekter Arbeit) ist ein Hartgestein, wie Granit, Bassalt, Gabbro so weit ausgeschliffen, bis keine Schleifspuren mehr erkennbar sind, auch nicht im Streiflicht. Glanzunterschiede zwischen den einzelnen Mineralien sind z.B. bei Granit nicht auszuschließen.

Bei Marmor und Kalksteinen wir oft eine Politur mit Oxalsäuren aufgebracht, sprich feingeschliffen uns dann mit entsprechenden Mitteln die Oberfläche "verdichtet".

Ein immer wiederkehrendes Problem sind die Laufstraßen, die bei jedem Bodenbelag auftreten. Das Wort "Granit" bedeutet nicht das der Belag immer so aussieht, wie neu.

Vorteil der polierten Flächen ist neben der Optik die beste Reinigungsfähigkeit. Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Basaltlava, Travertin jeweils ungespachtelt) wird die Rutschsicherheit "R9" nicht erreicht.

3) poliert und gelasert / chemisch angeätzt

Mit der Lasertechnik und der Anätzung durch Säuren kann die Oberfläche werkseitig bearbeitet werden um z.B. die Bewertungsgruppe "R9" zu erreichen. Je nach Material und Verfahren sind aber optische Beeinträchtigungen und Verfärbungsrisiken (durch unsachgemäße Ätzung) nicht immer auszuschließen.

Aus Australien kam eine gesandstrahle und geätzte Oberfläche unter dem Namen "Bright Etched" auf den deutschen Markt, die in Europa nur sehr selten Anwendung fand, dann aber als Direktimport aus dem Land Koalabären. Rutschsicherheit bis "R10" kann erreicht werden

4) gebürstete Oberflächen

Wie bereits in einer früheren Ausgabe erwähnt sind die gebürsteten Oberflächen eine echte Alternative zum Schliff. Schleifspuren sind meistens nicht sichtbar und je nach Verfahren der einzelnen Hersteller sind die Glanzeffekte und optischen Eigenschaften genauso variabel wie beim Schliff. Die einstellbare Rutschsicherheit geht von "R9" bis zu "R11". Es ist sinnvoll das die vorgelegten Muster beim Kunden vom gleichen Hersteller stammen, wie die tatsächlich gelieferte Ware.

5) Resinierte Gesteine

Böse Zungen behaupte zwar resiniert kommt von resigniert, aber der Ursprung ist die italienische Bezeichnung für "Harz". Dabei werden mit hohem technischen Aufwand sämtliche Poren mit Epoxidharzen verfüllt. Stiche, Kristallsprünge usw. werden optisch kaschiert. Damit können auch Blöcke verarbeitet werden, die sonst beim Kunden nicht auf Gegenliebe stoßen würden. Hauptgrund für den Verschluss ist aber der Schutz der Oberfläche vor Verfleckung. Die Nutzung als Küchenarbeitsplatte kann aber auch eingeschränkt werden, z.B. kann man auf unbehandelten Steinplatten einen heißen Topf abstellen, was bei manchen resinierten Platten zu einem dauerhaften "Kranz" führt. Auch die Farbe der Kanten und eingearbeiteten Abtropfrillen entsprechen oft nicht mehr der Hauptfläche und führen dann zwangsläufig zum Erklärungsnotstand.

6) Jetgestrahlt

Auch diese relativ neue Bearbeitung ist nicht normativ definiert und jeder Hersteller macht "seine" Jetstrahlung mit Wasser und Schleifmitteln. Ansonsten ist es wie bei den gebürsteten Oberflächen zu betrachten.

7) geflammt

Geflammte Oberflächen zeichnen sich durch ein hervorragende Rutschsicherheit und schlechte Reinigungsfähigkeit aus. In Innenbereichen führt die Verwendung von derartig bearbeiteten Gesteinen zu exorbitant hohen Unterhaltskosten. Darauf sollte der Kunde hingewiesen werden. Ein Natursteinwerk in Loitsche kann Fliesen und Bodenplatten in einer Stärke von 1 cm flammen.

8) gesandstrahlt

Früher wurden Gesteine gesandelt um eine Politur abzuschleifen oder vorzubereiten. Diese körperlich schwere Arbeit wurde noch in den Nachkriegsjahren mit einem speziellen "Stahlkotz" und verschiedenen Sanden durchgeführt. Heute werden Oberflächen mit verschiedenen Mineralien mittels Druckluft sandgestrahlt. Auch hier ist die Bandbreite der Optik bei gleichem Material relativ hoch und sollte auch entsprechend bemustert werden. Zwischen R9 bis R12 ist alles möglich. Wie bei der geflammten Oberfläche sind die Reinigungskosten in Innenbereichen relativ hoch.

9) spaltraue Oberflächen

Naturgegebene Oberflächen werden seit Jahrtausenden verwendet. Sandsteine, Tonschiefer, Quarzite oder bruchraue Gneise sind je mehr oder weniger spaltbar. Hier gibt es oft Streit über die angrenzenden Überzähne oder entstehenden Stolperkanten. Auch darüber sollte man vor der Verlegung ein klärendes Gespräch führen

Es gibt keine "meckerfreie" Oberfläche, auch gatterraue oder antikisierte Oberflächen sind nicht problemlos. Heute ist es anscheinend ein Volkssport, dem arbeitenden Handwerker mit allen mögliche Tricks und Kniffen auch noch den letzten Cent aus der Tasche zu ziehen. Langsam rutschen wir in amerikanische Verhältnisse hinein, wo man auf letztendlich darauf hinweisen muss "Vorsicht Stein, härter als Schaumstoff, direkter schneller Kontakt kann zu Verletzungen führen"


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