Dynamische Lasten bei Fußböden, oft unterschätzt
BAU-Forum: Bauwissen von Herbert Fahrenkrog

Dynamische Lasten bei Fußböden, oft unterschätzt

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Dynamische Lasten ein oft unterschätztes Risiko

Wie man mit statischen Lasten umgehen kann ist in vielen Regelwerken und Berechnungsbeispielen nachzulesen. Wer ein Regal mit 1000 kg Last /m² auf einen Bodenbelag stellen möchte wird keine Platten 40 / 40 / 2 cm auf weicher Dämmung als Unterkonstruktion zulassen. In solchen Fällen gibt es von Statikern entsprechende Vorgaben.

Bei dynamischen Lasten liegt der Fall meistens anders. Während sie für den Straßenbauer alltägliche Problemstellundgen sind, vergisst man sie in Innenbereichen völlig oder man nimmt einfach einen theoretischen "und"  -  Sicherheitsfaktor.

Die Frage "Warum ist die Berechnung der dynamischen Lasten eigentlich wichtig? " möchten wir an einigen Beispielen verdeutlichen.

Beispiel 1:

Ein Planer hat für ein Einkaufszentrum einen Granit, d = 2 cm im Mörtelbett auf einer Trennlage vorgesehen. Als Belastungen waren lediglich Fußgänger angenommen worden. Die Trennlage war als "Gleitschicht" in doppellagiger PE  -  Folie geplant worden. Gleichzeitig sollte die Folie Ausblühungen aus dem Beton verhindern. Gleitfolien können nur dann ihren gedachten Zweck erfüllen, wenn der Betonuntergrund "topfeben" ist. Stehen nur zwei Steinchen hoch, kommt es zu einer "Klemmung" und zu Spannungen. Das Gleiche gilt natürlich auch für Buckel und Täler im Beton. Die Reinigung erfolgte bei diesem Großobjekt natürlich mit Reinigungsautomaten mit einem Gesamtgewicht von 2000 kg, verteilt auf drei Gummireifen. Das die Lampen an der Decke nur mit einer Fahrbühne ausgetauscht werden können die 3,5 T wiegt, hatte man nicht berücksichtigt.

Hätte man die Konstruktion so belassen wäre folgendes passiert. Durch die Befahrung würde die Lastverteilerschicht "Dickbettmörtel" durch den Druck gestaucht und mit der Zeit "mürbe". Die Lastverteilerschicht würde zuerst im Fugenbereich brechen und man könnte wahrscheinlich innerhalb der Gewährleistungszeit die Platten incl. des anhaftenden Mörtels wieder hochnehmen können.

Der Verlegebrieb hat eigenständig die Lasten der Fahrgeräte beim Auftraggeber abgefragt und dann umgehend Bedenken nach VOBAbk. angemeldet und diese dem Planer und dem Bauherren zugesandt. Nach Prüfung durch einen unabhängigen Bauphysiker wurde die Konstruktion umgehend verworfen. Seitens des Bauphysikers wurde eine Abdichtung im Verbund in Verbindung mit einem definierten industriellen Fertigmörtel mit Faserbewehrung vorgeschlagen und entsprechend genehmigt. Natürlich konnte der Verlegebetrieb danach Mehrkosten erfolgreich anmelden.

Beispiel 2

Auch bei Treppen hat man mit dynamischen Lasten zu kämpfen. In einer Schule sollte eine freistehende Stahlbetontreppe mit Betonwerkstein belegt werden. Da die Rohtreppe nicht entkoppelt werden konnte, sollte eine Trittschalldämmung unter dem Belagsmaterial eingebaut werden. Was von Seiten der Planer nicht eingerechnet wurde, waren die durch die Begehung auftretenden Querlasten nach "vorne". Bildlich gesprochen: 4 übergewichtige Schüler a'100 kg springen über einen Auftritt hinweg und landen auf der "3. Stufe". Dabei wird der Belag auf Zugspannung nach vorne belastet. Die geplante Trittschalldämmung würde auf Dauer dazu führen, das die Stufe sich lösen wird. Ebenso hat man nicht berücksichtigt, das in einer Schule nach Unterrichtsende die Treppe durch den "Gleichschritt" zusätzlich belastet wird, was zu strukturellen Rissen im Betonwerkstein führen kann.

Der Verlegebetrieb hielt die ausgewählte Dämmung für zu weich und hatte Bedenken nach VOB angemeldet. Dabei wurde auch auf die Problematik des Gleichschritts aufmerksam gemacht, in Verbindung mit dem Vorschlag einen Prüfstatiker hinzuzuziehen. Der AG machte dies auch und die komplette Treppenkonstruktion wurde nachträglich durch stabilisierende Edelstahlstützen ergänzt. Die Trittschalldämmung unter den Stufen entfiel.

Allein an diesen Beispielen ist erkennbar wie kompliziert es selbst für Fachplaner ist, die dynamischen Lasten zu berücksichtigen. Sollte es später zu Schadensfällen kommen, ist jedoch erst einmal der Steinmetz derjenige, bei dem die "Schuld" gesucht wird.

Wir haben einen Anfang für eine kleine Checkliste mit den wichtigsten zu klärenden Fragen zusammengestellt, auch damit hinterher keiner sagen kann "Hätten Sie uns doch gefragt, wir hätten es Ihnen gesagt"

  1. Kalkulatorische Nutzungsdauer?

Möchte eine Boutique einen weichen Kalkstein einbauen und geht von max 3 Jahren aus ist das OK
Bei einem Bahnhof der auf 30 Jahre Nutzungsdauer geplant ist wären dann Bedenken anzumelden.

  1. max. statische Lasten?

Hierunter fällt alles, was sich nicht bewegt, wie Regale, Schränke, Theken ...

  1. max. dynamische Lasten?

Das Repertoire reicht vom Hubwagen von 1 t mit kleinen Stahrollen bis zum Reinigungsautomaten der in der Halle fährt.

  1. auftretende Querlasten zu erwarten durch Flurfahrzeuge?

Ein typisches Beispiel sind Aufsitzer  -  Reinigungsmaschinen, die mit 2000 kg durchaus 14 km/h erreichen können und beim schlagartigen Bremsen zu Abscherungen der Bodenplatten führen können

  1. besondere Anforderungen an die Hygiene?

Sind z.B. Unterhaltsreiniger mit desinfizierenden Wirkstoffen, z.B. Phosphorsäure notwendig, kann es notwendig sein, das Fugmaterialien und Verlegemörtel darauf eingestellt werden müssen.

  1. Sind Schwingungen im Bereich des verlegten Bodens zu erwarten?

In der Umgebung von Bahnhöfen oder Straßenbahnhaltestellen kann es zur Schwingungsübertragungen insbesonders bei nicht entkoppelten Altbauten kommen. Aber auch Maschinen in der Nähe können Schwingungen verursachen.

  1. Sind Verankerungen für spätere Einbauten zu berücksichtigen?

Wird z.B. ein Estrich mit Epoxydharz abgedichtet und es werden später etliche Löcher durch den Belag in den Estrich gebohrt, kann die abdichtende Wirkung zerstört werden. Das gilt natürlich auch für Anhydritestriche mit Voranstrich.

Die Liste ist beliebig fortzusetzen und erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Konfuzius sprach: "Wer Geistern dient, die nicht seine eigenen sind, ist ein Schmeichler. Wer eine Gelegenheit zu rechtschaffenem Tun sieht, sie aber nicht ergreift, der ist ein Feigling. "


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